Die Angehörigen können somit iure proprio und iure hereditatis Ansprüche über folgende Schadenspositionen geltend machen.
1. Materielle Schäden
Bestattungskosten sowie alle anderen materiellen Schäden (Fahrzeug usw.) sind erstattungspflichtig.
2. Schadensersatzanspruch (iure proprio)
Entschädigt wird hier das von der italienischen Verfassung geschützte Rechtsgut des Familienbandes, welches durch das schädigende Ereignis zerstört wird. Dabei stehen je nachdem, welche Tabellen das örtlich zuständige Landesgericht anwendet, den Eltern, Kindern, getrennten und auch geschiedenen Ehepartnern sowie Lebensgefährten, welche mit dem Opfer auf der Basis von faktischen Unterhaltsbeziehungen zusammenlebten (more uxorio) Ansprüche in der Höhe von 154.000 bis 304.000 EUR pro Person zu, während die Großeltern und Geschwister Ansprüche in der Höhe von 30.000 bis 120.000 EUR geltend machen können. Diese Ansprüche können von den Angehörigen ohne Nachweis einer krankheitswertigen Beeinträchtigung geltend gemacht werden.
3. Biologischer Schaden (iure proprio)
Zuzüglich zum biologischen Schaden können bei krankhafter psychischer Beeinträchtigung der Hinterbliebenen personalisierte Schadenspositionen geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Einstellung eines posttraumatischen Belastungssyndroms oder einer eventuellen depressiven Episode mittels psychologischem oder psychiatrischem Gutachten und vor allem auch Zeugen nachgewiesen wird. Je nach Schwere der krankhaften psychischen Beeinträchtigung kann u.U. ein weiterer Schadensersatz von einigen hunderttausend Euro zusätzlich zuerkannt werden. Man verwendet dabei eine Tabelle, die von der modernen Psychiatrie erarbeitet worden ist, bei der sich durch eine depressive Störung eine psychische Beeinträchtigung in einem Ausmaß von 31 bis 75 % einstellen kann.
Ich möchte somit an dieser Stelle die Aufstellung der Schadensersatzansprüche sämtlicher Familienangehörigen aus einem sicherlich nicht alltäglichen Fall unserer Kanzlei wiedergeben, bei dem durch einen Unfall ein naher Angehöriger unserer Mandanten zu Tode gekommen ist (der Bruder des Opfers befand sich mit diesem im selben Fahrzeug und die Eltern sind an die Unfallstelle gerufen worden und haben den tödlich verletzten Sohn dort vorgefunden).
Mutter:
Ableben des Sohnes laut Tabelle |
250.000 EUR |
biologischer Schaden 65 % |
514.000 EUR |
Personalisierung des Schadens |
205.000 EUR |
Insgesamt |
790.000 EUR |
Vater:
Ableben des Sohnes laut Tabelle |
250.000 EUR |
biologischer Schaden 50 % |
317.000 EUR |
Personalisierung des Schadens |
127.000 EUR |
Insgesamt |
694.000 EUR |
Bruder:
Ableben des Bruders laut Tabelle |
100.000 EUR |
biologischer Schaden 30 % |
159.000 EUR |
Personalisierung des Schadens |
63.000 EUR |
Insgesamt |
322.000 EUR |
4. Übergang von Ansprüchen auf die Hinterbliebenen des Unfallopfers
a) Personenschaden
Ansprüche aus dem sog. Personenschaden des Verstorbenen können unter dem Rechtstitel des iure hereditatis auf die Angehörigen übergehen, sofern der Geschädigte nach einem bestimmten Zeitraum (von ca. 3 Tagen) nach dem Unfall verstirbt. Entschädigt wird hier die Situation des Opfers, welches sich nach dem Unfall aufgrund der Schwere der Verletzungen sofort bewusst wird, dass es den Verletzungsfolgen erliegen wird. Dieser Anspruch steht aber nur dann zu, wenn das Opfer nach dem Unfall bei Bewusstsein geblieben ist (LG Mailand: 15.000 EUR).
Andererseits wird der "Personenschaden" des Verstorbenen entschädigt, auch wenn er nach dem Unfall das Bewusstsein verloren hat, sofern man annehmen kann, dass er sich der nahenden "Katastrophe" bewusst geworden ist (z.B. Zeitraum zwischen Verlust der Kontrolle des Fahrzeuges bis zum Aufprall; sog. "danno catastrofico").
b) Tagegeld
Des Weiteren entsteht ein Anspruch auf Tagegeld in Höhe von bis zu 132 EUR pro Tag und zwar für den Zeitraum ab Unfalldatum bis zum Ableben.
c) Weiterer materieller Anspruch
Ein weiterer materieller Anspruch von etwa ca. 25.000 EUR pro Elternteil entsteht, wenn man davon ausgeht, dass das Kind die Eltern materiell in späteren Jahren versorgt hätte.
5. Besondere Aspekte
Bezüglich der Betreuung eines Schwerbehinderten durch Familienangehörige bzw. bei Einschränkung des Sexuallebens sind weitere Ansprüche zu berücksichtigen.
a) Materieller Anspruch
Ein materieller Anspruch entsteht bei einem eventuellem Verdienstausfallschaden, der sich einstellt, sofern der Familienangehörige aus Solidarität mit dem Opfer seine Erwerbstätigkeit einschränkt.
b) Immaterielle Anspruch
Der immaterielle Anspruch, welcher jedem Familienangehörigen, aber auch dem Lebensgefährten (der more uxorio mit dem Opfer eine Lebensgemeinschaft unterhält), zusteht, der den Schwerbehinderten betreut, gründet sich auf das von der italienischen Verfassung geschützte Rechtsgut der uneingeschränkten Lebensführung.
Entschädigt wird die Veränderung der Lebensumstände, die sich durch die Betreuung seitens der Angehörigen des Verunfallten einstellt. Die Betreuung eines schwerbehinderten Angehörigen bringt nicht nur eine finanzielle Bürde mit sich, sondern auch eine direkte emotionale Belastung, seelischen Schmerz und auch ein Trauergefühl und in den meisten Fällen sogar eine Situation der Verzweiflung. Es mag zwar sein, dass in Deutschland dem Opfer selbst in solchen Fällen ein hohes Schmerzensgeld zusteht, jedoch stellt...