Die recht optimistische Annahme der mitgeteilten Entscheidung, dass die angeführten Methoden zur Bestimmung der Höhe des merkantilen Minderwertes wissenschaftlichen Anforderungen genügten, setzt sich berechtigten Einwänden aus. Die Methode Ruhkopf/Sahm, die der BGH noch in einer weit zurückliegenden Entscheidung (NJW 1980, 281, 282) als brauchbare Methode bezeichnet hatte, blendete den für die Bewertung entscheidenden Umstand aus, dass allein auf die Höhe der Reparaturkosten abgestellt, nicht aber der preisbildende Umfang des Eingriffs in die Substanz des Fahrzeuges berücksichtigt wurde (vgl. Schmidt, DAR 1966, 230; Richter, in: Halm/Himmelreich, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 3. Aufl., Kapitel 4 Rn 431). Der gleiche Einwand kann gegen die Methode Halbgewachs, die von Neugebauer-Püster/Zeisberger fortentwickelt worden ist (vgl. Halbgewachs/Zeisberger/Neugebauer-Püster, Der merkantile Minderwert, 13. Aufl., S. 46 ff.) erhoben werden, die allerdings eine gegenüber Ruhkopf/Sahm (vgl. zu diesen VersR 1962, 593) breitere Beurteilungsgrundlage liefern. Sie setzen die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, den Wiederbeschaffungwert, das Fahrzeugalter und die Reparaturkosten miteinander in Verbindung, lassen allerdings auch den Umfang des Eingriffs in die Substanz des Fahrzeuges außer Betracht. Auch die weiteren entwickelten Methoden zur Bestimmung des merkantilen Minderwertes, wie das Hamburger Modell (vgl. OLG Hamburg DAR 1981, 388, 390), die Bremer Formel (AG Bremen zfs 1986, 136) und die Schweizer Formel (BGH VersR 1980, 46 (47)) wirken durch die fehlende Berücksichtigung des Umfangs des Eingriffs in die Substanz des Fahrzeuges weniger geeignet. Das rechtfertigt die Beurteilung, dass die bisher entwickelten Methoden (vgl. hierzu auch Vuia, Der merkantile Minderwert als Teil des Vermögensschadens, NJW 2012, 3057 f.; Richter, a.a.O. 430 f.) sich bislang nicht durchgesetzt haben (vgl. LG Bonn NZV 2012, 289, 290; Gehrlein, in: Budewig/Gehrlein/Leipold, Der Unfall im Straßenverkehr, 2008, Kapitel 20 Rn 78 ff.; Knerr, in Geigel, Der Haftpflichtprozess, Kapitel 3 Rn 57 ff.). Eine neue vorgestellte Methode stellt im Rahmen eines zweistufigen Modells darauf ab, ob Umstände vorliegen, die einer Wertminderung entgegenstehen und ermittelt im Anschluss hieran, ob die Schadenshöhe unter Würdigung des betroffenen Fahrzeugs, des Marktes und des Schadens ermittelt werden kann (vgl. Zeisberger/Woyte/Schmidt/Mennicken, Der merkantile Minderwert in der Praxis, S. 47–87). Die mitgeteilte breite Beurteilungsbasis, die auf den konkreten Schadensfall abstellt und den Markt berücksichtigt, spricht für eine Verfolgung dieser Methode, die sich als eine Verbindung der Bewertung der Marktrelevanz- und der Faktorenmethode (MFM) darstellt. Wie bei allen Schätzungsmethoden ist in jedem Falle zu überprüfen, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles eine Korrektur erfordern (vgl. Vuia, a.a.O. S. 3060 unter Hinweis auf BGH NJW 2012, 2026).
RiOLG a.D. Heinz Diehl