Der Verlust der Arbeitskraft als solcher stellt für sich genommen keinen Schaden dar. Ob durch die Gesundheitsverletzung überhaupt ein Schaden entstanden ist, bestimmt sich durch den Vergleich zwischen der Vermögenslage, die durch das schädigende Ereignis hervorgerufen worden ist und der, die ohne Schädigung vorliegen würde. Nur wenn sich ein konkreter Verlust in der Vermögensbilanz ergibt, rechtfertigt dies einen Anspruch.
Bei erwerbstätigen Personen, die bereits eine gewisse Zeit Erwerbseinkommen erzielt haben, bereitet diese Gegenüberstellung anhand hinreichender Anknüpfungstatsachen in Form von monatlichen Abrechnungen für die Vergangenheit regelmäßig keine größeren Probleme. Aufwendiger ist die Berechnung des entgangenen Gewinns bei selbstständig Tätigen, gleichwohl kann auch für diese, soweit belastbare Daten für die Vergangenheit vorhanden sind, eine Berechnung durchgeführt werden.
Schwierigkeiten bereitet die Prognose, wenn eine Person geschädigt wird, die noch überhaupt kein Erwerbseinkommen erzielt hat. Hier lässt sich zwar immer für einen mehr oder weniger langen Zeitraum feststellen, dass aufgrund einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit kein Einkommen erzielt werden konnte, die Frage ist jedoch, in welcher Höhe der Geschädigte Einkommen erzielt hätte, wenn er nicht geschädigt worden wäre. Hier sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden.
I. Verspäteter Eintritt in das Erwerbsleben
Hier geht es um Fälle, in denen der Geschädigte in einer Form verletzt wird, die zwar zu einer zeitlich begrenzten Aufhebung der Erwerbsfähigkeit führt, ihn jedoch in seiner ursprünglich geplanten beruflichen Entwicklung nicht behindert, sondern nur zu einem verzögerten Eintritt in den gewünschten Beruf führt. Häufige Beispielsfälle sind Verletzungen von Studenten, die hierdurch ihr Studium erst zu einem späteren Zeitpunkt beenden können. Es stellt hierbei eine große Erleichterung dar, dass sich der Berufswunsch des jungen Menschen schon so weit konkretisiert hatte, dass er eine ganz bestimmte Ausbildung angetreten hat, in der er später dann auch tatsächlich tätig wird. Der Schaden entsteht zu dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte ohne den Unfall seine Erwerbstätigkeit aufgenommen hätte. Ab diesem Zeitpunkt ist nun das fiktive Einkommen, das der Geschädigte bei Aufnahme der von ihm beabsichtigten Tätigkeit erzielt hätte, dem tatsächlich erzielten Einkommen gegenüberzustellen. Die Gegenüberstellung hat immer für ganz konkrete Zeiträume zu erfolgen, dies ist für die Fälligkeit relevant. Für die Zukunft ist dann ein jeweiliger Minderverdienst durch erst später erreichte Gehaltssteigerungen etc. zu berücksichtigen. Der Schaden beschränkt sich also nicht nur auf den Vergleichszeitraum, der der Erwerbsunfähigkeit infolge des schädigenden Ereignisses entspricht, sondern läuft auch für die Zukunft weiter. Diese Fälle bieten sich regelmäßig dafür an, dass durch eine vergleichsweise Einigung der Zukunftsschaden abgegolten wird.
II. Unfallbedingte Änderung des Berufswunsches
In diesen Fällen liegt eine Verletzung vor, die so gravierend ist, dass der Geschädigte den von ihm ursprünglich ins Auge gefassten Beruf nicht mehr ausüben kann. Dies muss nicht zwingend zu einem Schaden führen, es ist denkbar, dass derjenige, der ursprünglich einen handwerklichen Beruf ergreifen wollte und aufgrund körperlicher Beeinträchtigung nunmehr eine Bürotätigkeit ausübt, keinen Schaden erleidet, sofern der kaufmännische Beruf besser bezahlt wird. Schwierigkeiten ergeben sich regelmäßig dann, wenn durch den Unfall die intellektuelle Fähigkeit des Geschädigten herabgesetzt wird und ein ursprünglich geplanter Berufswunsch nicht mehr realisiert werden kann. Hier liegt die besondere Schwierigkeit darin, nachvollziehbar darzutun und zu beweisen, dass ein ganz konkreter Beruf vom Geschädigten ergriffen worden wäre. Dieses Problem stellt sich in mehr oder weniger identischer Form bei der dritten Variante.
III. Unfallbedingter Verlust der Arbeitsfähigkeit
In dieser Konstellation wird ein junger Mensch so schwer geschädigt, dass er überhaupt nicht mehr in der Lage ist, Erwerbseinkommen zu erzielen. Für die Schadenermittlung gilt das oben Gesagte, es ist die Differenz zwischen tatsächlich erzieltem Einkommen (in diesem Fall in aller Regel Null) und dem hypothetischen Einkommen zu ermitteln. Diese Ermittlung des hypothetischen Einkommens kann teilweise schwierig, teilweise nahezu unmöglich sein und hängt namentlich davon ab, in welcher Form sich ein irgendwie gearteter Berufswunsch schon konkretisiert hat.
Je weiter die verletzte Person in ihrem Leben fortgeschritten war, umso einfacher ist regelmäßig auch die Ermittlung des Berufswunsches, namentlich dann, wenn bereits ein Studium und/oder eine Ausbildung aufgenommen worden ist, sich hierbei auch die üblichen Fortsch...