BGB § 117 § 474
Leitsatz
Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als Strohmann vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so ist der Kaufvertrag zwischen den Verbrauchern wirksam, sofern nicht die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts (§ 117 BGB) vorliegen (im Anschluss an Senatsurt. v. 22.11.2006 – VIII ZR 72/06 – BGHZ 170, 67)
BGH, Urt. v. 12.12.2012 – VIII ZR 89/12
Sachverhalt
Der Kl. kaufte von der Bekl. mit Vertrag vom 4.12.2007 einen zehn Jahre alten Fiat 146 L unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Die Parteien sind Verbraucher. Der Ehemann der Bekl., der einen Kfz-Handel betreibt, hatte die Bekl. zur Unterzeichnung des Kaufvertrags veranlasst, um Sachmängelansprüche ausschließen zu können. Der Kaufvertrag enthielt neben anderen Bestimmungen die Angabe, dass das Fahrzeug zwei Vorbesitzer gehabt habe und die nächste Hauptuntersuchung anstehe. Nach der Übergabe des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass die beim Abschluss des Kaufvertrags übergebene Bescheinigung vom November 2007 über die durchgeführte Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung gefälscht waren. Der Kl. erklärte daraufhin sowohl die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung und den Rücktritt vom Vertrag.
Das AG hat der Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen und außergerichtlicher Anwaltskosten stattgegeben. Das BG, das die Revision zugelassen hat, hat auf die Berufung der Bekl. die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl., mit der er seinen Klageanspruch weiter verfolgt hat, hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[9] "… Dem Kl. steht gegenüber der Bekl. kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu.
[10] 1. Das BG hat einen vertraglichen Rückabwicklungsanspruch rechtsfehlerfrei mit der Begründung verneint, dass der vom Kl. erklärte Rücktritt vom Vertrag unwirksam ist, weil etwaige Sachmängelansprüche des Kl. gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB verjährt sind und die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Verjährungsfrist gem. § 438 Abs. 3 S. 1 BGB nicht vorliegen.
[11] Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Tatsachenfeststellung des BG, dass der Kl. nicht durch ein arglistiges Verhalten der Bekl. oder der hinter ihr stehenden Betreiber der Kraftfahrzeugwerkstatt zum Abschluss des Kaufvertrags veranlasst worden ist. Die tatrichterliche Würdigung des BG, dass eine etwaige Täuschung über die Anzahl der Vorbesitzer für den Kaufentschluss des Kl. jedenfalls nicht ursächlich war, weil es dem Kl. unter Berücksichtigung des Alters und des geringen Preises des Fahrzeugs nicht darauf angekommen sei, ob dieses einen Voreigentümer mehr hatte als im Kaufvertrag angegeben und aus den Fahrzeugpapieren ersichtlich war, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, die tatrichterliche Würdigung des BG sei nicht überprüfbar, weil die Aussagen der Zeugen H und R nicht protokolliert worden seien, greift nicht durch. Denn das BG hat die Aussagen dieser Zeugen nicht verwertet, sondern stützt seine Sachverhaltswürdigung auf die eigenen Angaben des Kl. in der mündlichen Verhandlung, die im Berufungsurteil wiedergegeben sind.
[12] 2. Ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB wegen vorsätzlich unterlassener Aufklärung über die Anzahl der Vorbesitzer (vgl. dazu Senatsurt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858) besteht ebenfalls nicht. Das BG hat auch insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Anzahl der Vorbesitzer im vorliegenden Fall keine maßgebliche Bedeutung für die Kaufentscheidung des Kl. hatte und deshalb ein etwaiges bewusstes Verschweigen des Umstandes, dass ein Voreigentümer nicht in den Fahrzeugpapieren eingetragen war, jedenfalls nicht ursächlich für den Kaufvertragsabschluss war.
[13] 3. Entgegen der Auffassung der Revision steht dem Kl. auch kein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB zu. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist wirksam zustande gekommen. Der Rechtsgrund für die Zahlung des Kaufpreises ist auch nicht nachträglich entfallen (§ 812 Abs. 1 S. 2 BGB).
[14] a) Der zwischen dem Kl. und der Bekl. zustande gekommene Kaufvertrag ist kein Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird. Diese Voraussetzungen hat das BG nicht festgestellt. Es hat vielmehr rechtsfehlerfrei die Feststellung getroffen, dass die mit dem Kaufvertrag verbundenen Rechtsfolgen von beiden Parteien, insb. auch vom Kl., gewollt waren. Damit scheidet ein Scheingeschäft aus.
[15] Daran ändert auch nichts, dass die Bekl. von ihrem Ehemann dazu veranlasst worden war, den Kaufvertrag abzuschließen, damit kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt und die Sachmängelhaftung ausgeschlossen werden konnte. Das Vorschieben eines Strohmanns erfolgt im rechtsgeschäftlichen Verkehr nicht zum Schein. Vielmeh...