RL 91/439/EWG Art. 8; RL 2006/126/EG Art. 11; FeV § 28 Abs. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2 bis 4 und S. 3, Abs. 5; StGB § 69a Abs. 1 S. 3; StVG § 29 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, Abs. 5
Leitsatz
Der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung wegen in Deutschland begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gem. § 69a Abs. 1 S. 3 StGB verhängt wurde, ist mit seiner EU-Fahrerlaubnis erst dann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt, wenn er den Nachweis erbringt, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat.
BVerwG, Urt. v. 13.2.2014 – 3 C 1.13
Sachverhalt
Der Kl. begehrte die gerichtliche Feststellung, dass er berechtigt sei, von seiner im Jahr 1996 in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Ihm war in Deutschland mit rechtskräftigem Strafurteil v. 1.8.1990 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (BAK von 1,75 Promille) in Tateinheit mit Nötigung erneut seine deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden. Zugleich war eine Sperre für deren Wiedererteilung bis zum 31.7.1992 angeordnet worden. Nach Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis wurde der Kl. in Deutschland mehrfach wegen Trunkenheit im Verkehr rechtskräftig verurteilt und es wurde jeweils eine isolierte Sperre für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis nach § 69a Abs. 1 S. 3 StGB angeordnet; die letzte Sperrfrist lief zum 14.2.2009 ab. Bei einer Verkehrskontrolle im Oktober 2010 wies der Kl. seinen tschechischen Führerschein vor. In dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren wurde er wegen Verbotsirrtum vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen. Daraufhin bat der Kl. das Landratsamt um Überprüfung, ob er berechtigt sei, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kfz zu führen. Das verneinte das Landratsamt; es gebe keinen Automatismus, dass eine aberkannte Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist wieder auflebe. Im September 2011 erhielt der Kl. in der Tschechischen Republik einen sog. Scheckkartenführerschein über die Fahrerlaubnis der Klassen A und B. In diesem Führerschein ist als Datum der Fahrerlaubniserteilung der 21.3.1996 angegeben.
Seine Klage auf Feststellung, dass er berechtigt sei, aufgrund seiner tschechischen Fahrerlaubnis Kfz in der Bundesrepublik Deutschland im Straßenverkehr zu führen, haben die Vorinstanzen (VG München, Urt. v. 22.11.2011 – M 1 K 11.4477; BayVGH, Urt. v. 19.11.2012 – 11 BV 12.21, zfs 2013, 114) jeweils abgewiesen.
Auch die Revision des Kl. ist ohne Erfolg geblieben.
2 Aus den Gründen:
[12] "… II. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Er ist nicht berechtigt, mit seiner im Jahr 1996 in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis Kfz in Deutschland zu führen. Nachdem gegen ihn in Deutschland wegen nach der Erteilung dieser Fahrerlaubnis begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung mehrfach Sperren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gem. § 69a Abs. 1 S. 3 StGB verhängt wurden, muss der Kl. gem. § 28 Abs. 5 FeV für eine Inlandsfahrberechtigung zuvor den Nachweis erbringen, dass er wieder zum Führen von Kfz geeignet ist. Diesen Nachweis hat er nicht geführt."
[13] 1. Maßgeblich für die Begründetheit seines Feststellungsbegehrens, das der Kl. mit der Revision weiter verfolgt, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; für das Revisionsverfahren ist von der Rechtslage auszugehen, die auch das Tatsachengericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zu diesem Zeitpunkt entschiede (st. Rspr.; vgl. u.a. Urt. v. 29.1.2009 – BVerwG 3 C 31.07 – [ zfs 2009, 298 =] NJW 2009, 1687 <1688> – juris Rn 14 und v. 18.6.2008 – BVerwG 3 C 5.08 – NJW 2008, 3589 <3590> – juris Rn 12 f.; Beschl. v. 16.3.2006 – BVerwG 3 C 16.05 – Buchholz 418.72 WeinG Nr. 29 Rn 11 f. m.w.N.).
[14] Anwendbar ist danach, was das innerstaatliche Recht betrifft, die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV) v. 13.12.2010 (BGBl I S. 1980), zum maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 1 der Neunten Verordnung zur Änderung der FeV und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 5.11.2013 (BGBl I S. 3920). In unionsrechtlicher Hinsicht dürfte nach der Rspr. des EuGH für das auf den Entscheidungszeitpunkt bezogene Feststellungsbegehren des Kl. die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.12.2006 über den Führerschein (ABl Nr. L 403 S. 18 – “3. Führerscheinrichtlinie‘) zugrunde zu legen sein (vgl. Urt. v. 1.3.2012 – Rs. C-467/10, Akyüz – NJW 2012, 1341 Rn 32 f. [= zfs 2012, 192 Leits.]). Demgegenüber hält das BG, das auf den vor dem 19.1.2009 liegenden Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis abstellt (in diesem Sinne auch Urt. v. 25.8.2011 – BVerwG 3 C 25.10 – [zfs 2011, 710 =] BVerwGE 140, 256 Rn 12), noch die Richtlinie 91/439/EWG des Rates v. 29.7.1991 über den Führerschein (ABl Nr. L 237 S. 1 – “2. Führerscheinrichtlinie‘) für anwendbar. Daraus ergibt sich j...