Nach einiger Wartezeit liegen nunmehr die beiden korrelierenden Kommentarwerke zur StPO und zum StGB, dieses schon in zweiter Auflage, von Satzger, Schluckebier und Widmaier vor und bieten dem Rechtsanwender, soviel sei vorweg verraten, ein beeindruckendes Duett zur Bewältigung strafrechtlicher Probleme. Beide Werke haben sich zum Ziel gesetzt, den Bedarf der Rechtspraxis zu bedienen, ohne die Anforderungen der Wissenschaft aus den Augen zu verlieren. Dies ist gelungen. In beiden Werken wurde ein großes und renommiertes Autorenteam versammelt und die Kommentierungen der Werke werden durch interne Querverweise an passender Stelle gut aufeinander abgestimmt. Beide Kommentare bieten einen opulenten Umfang und dazu einen Online-Zugriff über www.jurion.de.
Die Kommentierung des StGB ist geprägt von einer engen Verknüpfung zwischen materiellem und prozessualem Recht, wobei nicht nur die Hauptverhandlung, sondern auch andere Abschnitte und Aspekte des Strafverfahrens berücksichtigt werden (u.a. die Nebenklage, das Strafantragsrecht u.v.m.). Verkehrsrechtlich bieten die Ausführungen alle wichtigen und notwendigen Details, wobei jeweils Kleinigkeiten optimiert werden könnten. Bei § 44 StGB wird praktischerweise ein Vergleich zum Bußgeldrecht (leider nicht ganz konsequent in Rn 17: dort hätte man den Unterschied bei der abgelaufenen Zeitspanne auch noch einmal verdeutlichen können) gezogen und das Verhältnis zu § 69 StGB klargestellt. Bei der Benennung der Möglichkeit, vom Fahrverbot Ausnahmen zuzulassen (Rn 19) hätte ich mir eine Rezeption der dogmatischen Kritik (z.B. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 69a StGB, Rn 5–6a) gewünscht, denn bei § 69a, Rn 17 f. wird die Problematik der Ausnahme bestimmter Fahrerlaubnisklassen deutlich angesprochen (ebenso wie in § 111a StPO, Rn 11). Gelungen ist die auf engstem Raum vorgenommene Aufbereitung der Problematik des Führerscheintourismus im Rahmen des § 69b StGB. Auch die konkrete Ausgestaltung der Pflichten des Unfallverursachers im Rahmen des § 142 StGB wird lesenswert erfasst, wobei man zum subjektiven Tatbestand – Stichwort Wahrnehmbarkeit – eine genauere Rezeption der hierzu in jüngerer Zeit ergangenen Literatur hätte vornehmen können (Rn 52).
Die Kommentierung der StPO bietet nicht nur fundierte Darstellungen der Gesetzesauslegung und die Rezeption der hierzu ergangenen Rechtsprechung, sondern versorgt den Leser zudem mit effektivem und passendem Mehrwert bei den einzelnen Normen. Dies kann Hinweise zum Revisionsrecht, die Erläuterung möglicher Rechtsbehelfe oder auch Stellungnahmen des Autors beinhalten (z.B. § 136 StPO, Rn 60 ff. zur Benachteiligung des unverteidigten Beschuldigten). Grundlegende Ausführungen (z.B. § 261 StPO, Rn 13 ff. zum Alibibeweis) stehen wie selbstverständlich neben präzisen Zusammenfassungen der wesentlichen Sachinformationen (z.B. zum Protokollinhalt § 273 StPO, Rn 5 ff.). Der Einfluss der EMRK auf das deutsche Strafrecht wird ernst genommen und an vielen verschiedenen Stellen gelungen aufgezeigt, auch für das verkehrsrechtlich durchaus relevante neue Problemfeld der Verwerfungsentscheidung nach § 329 StPO (Art. 6 EMRK, Rn 52; nicht in der nötigen Aktualität aber bei § 329 StPO, Rn 1 a.E.). Die Bezugnahme auf Probleme des Bußgeldrechts (z.B. Akteneinsichtsumfang, § 147 StPO, Rn 13 ff.; Pflichtverteidigerbeiordnung, § 140 StPO, Rn 38) könnte fokussierter, bisweilen auch aktueller erfolgen. Die verschiedenen Streitpunkte rund um § 81a StPO werden gut analysiert (z.B. die Belehrung über die Freiwilligkeit, § 81a StPO, Rn 5 und 7; Anordnung der Untersuchung, Rn 17 ff.). Im Rahmen des § 111a StPO werden alle wichtigen Rechtsfragen angesprochen, insbesondere die Ermessensentscheidung des Gerichts und die dabei möglichen Gesichtspunkte ausführlich erörtert (§ 111a StPO, Rn 8 f.).
Die Neuauflage des StGB-Kommentars hat den positiven Eindruck der Erstauflage bestätigt und die nunmehr hinzutretende Ergänzung durch die Kommentierung der StPO macht dieses strafrechtliche Gesamtpaket zu einem instruktiven und attraktiven Begleiter im Rechtsalltag. Sowohl der Erstzugriff als auch die Absicherung anderweitig gefundener Ergebnisse gelingt mit den Werken und entspricht somit dem Bedürfnis des Rechtsanwenders nach qualitativ hochwertiger, aber gleichsam verständlicher Kommentarliteratur.
Autor: Dr. Benjamin Krenberger
RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl
zfs 5/2014, S. 256 - 257