[13] "… II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Eine gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung verstößt zwar nicht gegen § 169 Abs. 5 S. 2, § 171 S. 1 VVG (unter 1.). Auch eine Unwirksamkeit wegen Intransparenz gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kommt nicht in Betracht (unter 2.). Der Bekl. stand aber das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen (unter 3.). Einem Zahlungsanspruch der Kl. steht jedenfalls der von der Bekl. am 27.12.2011 erklärte Widerruf ihrer auf Abschluss des Versicherungsvertrags gerichteten Willenserklärung entgegen (unter 4.). Hieraus ergibt sich zugleich die Begründetheit der Widerklage."
[14] 1. Die Zulässigkeit einer Kostenausgleichsvereinbarung, die dazu führt, dass der VN auch bei einer vorzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrags mit den Abschluss- und Einrichtungskosten in voller Höhe belastet bleibt, wird in Rspr. und Lit. unterschiedlich beurteilt.
[15] a) Teilweise wird eine derartige Vereinbarung als nichtiges Umgehungsgeschäft zur Regelung des § 169 Abs. 5 S. 2 VVG angesehen, die verbietet, dass im Falle der Kündigung noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten vom Rückkaufswert abgezogen werden. Der VN werde durch die Belastung mit den Abschluss- und Vertriebskosten in seiner Freiheit, von seinem Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrags Gebrauch zu machen, unzulässig eingeschränkt (OLG Karlsruhe VersR 2014, 45 … ).
[16] Nach anderer Auffassung ist eine – auch unkündbare – Kostenausgleichsvereinbarung unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit zulässig. Sie sei mit § 169 Abs. 3, 5 S. 2 VVG vereinbar, da hierin nach der Gesetzesbegründung nur der Fall der Zillmerung, d.h. der Verrechnung der Abschluss- und Einrichtungskosten mit den Prämien (sog. Bruttopolice), geregelt sei (LG Bremen VersR 2013, 1387 … ).
[17] b) Die zuletzt genannte Auffassung trifft insoweit zu, als der Abschluss einer Kostenausgleichsvereinbarung, die rechtlich selbstständig neben dem Versicherungsvertrag steht, nicht wegen Verstoßes gegen §§ 169 Abs. 3 S. 1, 169 Abs. 5 S. 2 VVG unwirksam ist.
[18] aa) Die Unanwendbarkeit des § 169 Abs. 5 S. 2 VVG auf eine vom Versicherungsvertrag getrennte Vereinbarung über die Abschlusskosten folgt bereits aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der Regelung. Sie betrifft, wie sich aus der Bezugnahme auf den “nach Abs. 3 oder 4 berechneten Betrag‘ in Abs. 5 S. 1 und aus der Formulierung “Vereinbarung eines Abzugs für noch nicht getilgte Abschluss- und Vertriebskosten‘ in Abs. 5 S. 2 ergibt, den Abzug vom Mindestrückkaufswert nach Abs. 3 bzw. 4 für Abschluss- und Vertriebskosten, die durch die Prämienzahlungen noch nicht getilgt sind. Zu einem solchen Abzug kommt es bei Vereinbarung einer getrennten Abrechnung der Prämien einerseits und der Abschlusskosten andererseits (sog. Nettopolice) von vornherein nicht.
[19] bb) Auch eine unzulässige Umgehung von § 169 Abs. 5 S. 2, Abs. 3 S. 1 VVG liegt im Abschluss einer gesonderten Kostenausgleichsvereinbarung nicht. Eine Gesetzesumgehung liegt vor, wenn die Gestaltung eines Rechtsgeschäfts objektiv den Zweck hat, den Eintritt einer Rechtsfolge zu verhindern, die das Gesetz für derartige Geschäfte vorsieht; eine Umgehungsabsicht ist nicht erforderlich (BGH NJW 2006, 1066 f. … ).
[20] Die Regelung des § 169 Abs. 5 S. 2 VVG will ausschließlich für den Fall einer Einrechnung der Abschlusskosten in die Prämien verhindern, dass der VN durch einen Stornoabzug mit den vollen Abschluss- und Vertriebskosten belastet wird. Bereits aus der Gesetzesbegründung zu § 169 Abs. 3 S. 1 VVG geht hervor, dass der Gesetzgeber die Freiheit der Parteien, die Zahlung von Abschlusskosten gesondert zu regeln, grds. nicht einschränken, d.h. weder den gesetzlichen Anforderungen an die Berechnung des Mindestrückkaufswertes noch dem Abzugsverbot des Abs. 5 S. 2 unterwerfen wollte. (wird ausgeführt)
[21] Unter Einbeziehung der Gesetzesbegründung zu § 169 Abs. 5 S. 2 VVG ergibt sich ebenfalls keine andere Beurteilung. Hiernach berücksichtigt das Abzugsverbot die Praxis der VR, die nicht gedeckten Abschlusskosten als Amortisationsbeiträge in die laufenden Prämien einzukalkulieren, soweit die Abschlusskosten den Höchstzillmersatz übersteigen oder soweit nicht oder nur in geringem Umfang gezillmert wird, und im Falle der Kündigung die wegen der fehlenden Amortisationsbeiträge der nicht mehr eingehenden Prämien noch nicht getilgten Kosten als Stornoabzug geltend zu machen. Das Verbot eines solchen Abzugs soll das zwingende gesetzliche Kündigungsrecht des VN schützen. (wird ausgeführt)
[22] Diese Überlegungen sprechen dafür, dass der Gesetzgeber nicht generell den wirtschaftlichen Erfolg einer Auferlegung der Abschlusskosten im Wege einer gesonderten Vereinbarung verbieten wollte, sondern nur die Herbeiführung dieses Erfolges im Wege der Verrechnung von Kosten und Prämie. Dementsprechend sah der Gesetzgeber bei einer vertraglichen Trennung von Kosten und Prämie aufgrund der Transparenz der Vereinbarung kein vergleichbares Schutzbed...