[7] "… II. Zulassungsgründe liegen nicht vor. Insb. hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO)."

[8] 1. Nach der st. Rspr. des BGH hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist (grundlegend BGH, Beschl. v. 4.7.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221; BGH, Beschl. v. 27.3.2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn die durch das Berufungsurteil aufgeworfene Rechtsfrage zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem in den Fällen, in denen die Rechtsfrage vom BGH bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden. Klärungsbedürftige Unklarheiten liegen dagegen nicht vor, wenn abweichende Ansichten in der Literatur vereinzelt geblieben und nicht oder nicht nachvollziehbar begründet sind (BGH, Beschl. v. 8.2.2010 – II ZR 54/09 – NJW-RR 2010, 1047).

[9] 2. Danach hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die von der Beschwerde formulierte Rechtsfrage, ob das für die Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO erforderliche Tatbestandsmerkmal des “Nichtantreffens‘ des Zustellungsadressaten eine ausdrückliche Nachfrage des Zustellers nach der Anwesenheit des Adressaten voraussetzt, ist nicht klärungsbedürftig. Die hierzu veröffentlichte Rspr. der Oberlandesgerichte ist einheitlich. Davon abweichende, nicht näher begründete Stimmen in der Literatur sind vereinzelt geblieben. Darauf, dass der BGH die Rechtsfrage noch nicht entschieden hat, kommt es nicht an (Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 543 Rn 11).

[10] a) Nach der oberlandesgerichtlichen Rspr. ist das Merkmal des “Nichtantreffens‘ des gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für eine Ersatzzustellung in Geschäftsräumen bereits dann erfüllt, wenn der gesetzliche Vertreter als abwesend oder verhindert bezeichnet wird. Ob dies zutrifft, ist unerheblich; insb. muss der Zusteller keine eigenen Nachforschungen darüber anstellen, zumal gerichtliche Zustellungen ein Massengeschäft sind und bei juristischen Personen die Ersatzzustellung inzwischen den Regelfall darstellt (OLG Frankfurt am Main WM 1996, 699; NJW-RR 1998, 1684; OLG Köln OLGR 2001, 116; siehe auch FG Hamburg, Urt. v. 30.1.2004 – III 320/03, juris und OVG Berlin-Brandenburg NJW 2012, 951). In Übereinstimmung mit dieser Rspr. ist das BG zutreffend davon ausgegangen, dass in der widerspruchslosen Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zugleich die (konkludente) Erklärung liegt, der Zustellungsadressat sei abwesend bzw. an der Entgegennahme der Zustellung verhindert, und weitere Nachforschungen des Zustellers regelmäßig nicht veranlasst sind. Der Umstand, dass die vorgenannte oberlandesgerichtliche Rspr. zu §§ 183, 184 ZPO in der bis zum 30.6.2002 geltenden Fassung ergangen ist, ist für die Entscheidung der Streitfrage ohne Bedeutung. Die Neuregelung des Zustellungsrechts durch das Zustellungsreformgesetz v. 25.6.2001 (BGBl I, S. 1206) hat insoweit keine Änderung gebracht. Sowohl nach §§ 183 Abs. 1, 184 Abs. 1 ZPO a.F. als auch nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F. hängt die Wirksamkeit der Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen davon ab, dass der Zustellungsadressat “nicht angetroffen‘ wird. Durch das Zustellungsreformgesetz wurde an dem “Nichtantreffen‘ des Zustellungsadressaten als (gemeinsame) Voraussetzung für sämtliche in § 178 Abs. 1 ZPO geregelten Arten der Ersatzzustellung festgehalten (BT-Drucks 14/4554, S. 20). Nach dem Willen des Gesetzgebers, der eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Ersatzzustellung in einem Geschäftslokal bezweckte (BT-Drucks a.a.O., S. 1, 13 f), besteht dabei keine Verpflichtung des Zustellers zur ausdrücklichen Nachfrage nach der Person des Zustellungsadressaten. Es reicht aus, dass er den Zustellungsadressaten in dem Geschäftsraum, in dem sich der Publikumsverkehr abspielt, nicht antrifft. In diesem Fall kann er das zuzustellende Schriftstück an eine dort beschäftigte Person übergeben (BT-Drucks a.a.O., S. 20).

[11] b) Eine Verpflichtung des Zustellers zur ausdrücklichen Nachfrage ergibt sich auch nicht aus dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Urteil des BGH v. 14.3.1990 (VIII ZR 204/89, BGHZ 111, 1). Diese Entscheidung ist nicht einschlägig. Sie betrifft nicht die Ersatzzustellung in Geschäftsräumen, sondern die Ersatzzustellung in der Wohnung des Zustellungsadressaten an dessen nichteheliche Lebensgefährtin nach § 181 Abs. 1 ZPO a.F. In einem solchen ...

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