[7] "… Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die Kl. aus übergegangenem Recht des Versicherten von der Bekl. Schadensersatz wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) beanspruchen kann. Ein solcher Anspruch ist entgegen der Auffassung des BG nicht aufgrund einer Haftungsprivilegierung wegen des Zusammenwirkens auf einer gemeinsamen Betriebsstätte (§ 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII) ausgeschlossen."
[8] 1. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung entfaltet das rechtskräftige Urteil im Verfahren zwischen dem Versicherten K und der Bekl., durch das die Klage wegen der Haftungsprivilegierung der Bekl. abgewiesen worden ist, keine Bindungswirkung im vorliegenden Rechtsstreit zugunsten der Bekl.
[9] a) Das Urteil wirkt Rechtskraft nur zwischen den damaligen Prozessparteien (vgl. BGH, Urt. v. 11.11.1993 – IX ZR 35/93, BGHZ 124, 86, 95; Beschl. v. 16.6.1993 – I ZB 14/91, BGHZ 123, 30, 33 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. § 325 Rn 3). Hingegen erstreckt sich die Rechtskraft nicht auf Dritte, die am Prozess nicht teilgenommen haben und deshalb auf die Entscheidungsfindung keinen Einfluss hatten. Einer der Fälle, in denen das Gesetz die Rechtskraft auf Dritte erstreckt (§§ 325 ff. ZPO), liegt offensichtlich nicht vor (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.5.1969 – V ZR 46/66, BGHZ 52, 150, 151 ff.).
[10] Für die Anwendung der Regelung in § 325 Abs. 1 ZPO, wonach das rechtskräftige Urteil zugleich für und gegen die Personen wirkt, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind, fehlt, dass die Ansprüche des Versicherten K erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit auf die Kl. übergegangen sind. Der Anspruchsübergang gem. § 116 Abs. 1 SGB X lag zeitlich jedenfalls vor der Rechtshängigkeit des Vorprozesses. Liegen die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SGB X vor, so geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger kraft Gesetzes, d.h. ohne weiteres Zutun des regressberechtigten Sozialleistungsträgers, auf diesen über (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl., § 116 SGB X S. 971 b; Nehls, in: Hauck/Noftz, SGB X/2, K § 116 Rn 1 [Lfg. 1/07]; Kater, in: Kasseler Kommentar, § 116 SGB X Rn 141a [Stand: Juni 2013]; Pickel/Marschner, SGB X, § 116 Rn 13, 21 [Stand: April 2014]; Gitter, in: SGB-SozVersGesKomm; § 116 SGB X Anm. 9; Wannagat/Eichenhofer, SGB X, § 116 Rn 13, Stand: März 2001). Der Übergang auf einen Sozialversicherungsträger erfolgt dem Grunde nach bereits im Augenblick des schadenstiftenden Ereignisses, wenn eine Leistungspflicht des Versicherungsträgers gegenüber dem Verletzten irgendwie in Betracht kommt, also nicht völlig unwahrscheinlich ist (vgl. Senatsurt. v. 20.9.1994 – VI ZR 285/93, BGHZ 127, 120, 125; v. 8.7.2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 346; v. 12.4.2011 – VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158 Rn 8; v. 17.4.1990 – VI ZR 276/89, VersR 1990, 1028, 1029; v. 17.6.2008 – VI ZR 197/07, VersR 2008, 1350 Rn 12). Die im Streit befindlichen Schadensersatzansprüche gingen danach zeitlich vor der Rechtshängigkeit des Vorprozesses auf die Kl. über, da offensichtlich war, dass die Kl. als Sozialversicherungsträgerin für die Verletzungen des bei ihr Versicherten K Leistungen zu erbringen haben würde. § 325 Abs. 1 ZPO bietet mithin keine Grundlage für eine Erstreckung der Rechtskraft des Urteils, das zwischen dem Verletzten K und der Bekl. ergangen ist, auf die Kl.
[11] Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war das BG nicht gehalten, aufgrund einer Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils zwischen dem Versicherten K und der Bekl. seinem Urteil zugrunde zu legen, dass die Bekl. gegenüber dem Versicherten K haftungsprivilegiert ist und ein Schadensersatzanspruch deshalb gegen sie nicht gegeben ist. Ebenso wie die Rechtskraft wirkt eine frühere Entscheidung nur gegenüber den Parteien des Vorprozesses bindend, nicht jedoch gegenüber nicht am Prozess beteiligten Dritten, da ansonsten der Anspruch auf rechtliches Gehör des nicht am Prozess beteiligten Dritten nicht hinreichend gewährleistet wäre (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.2008 – XII ZR 216/05, NJW 2008, 1227 Rn 19, 23).
[12] b) Eine Rechtskrafterstreckung folgt auch nicht aus den Regelungen in §§ 407 Abs. 2, 412 BGB. Danach muss der neue Gläubiger (hier die Kl.) ein Urteil gegen sich gelten lassen, das zwischen dem Schuldner einer abgetretenen bzw. übergegangenen Forderung (hier: die Bekl.) und dem bisherigen Gläubiger (hier: der Versicherte K) in einem nach dem Forderungsübergang anhängig gewordenen Rechtsstreit rechtskräftig über die Forderung ergangen ist (§§ 407 Abs. 2, 412 BGB). § 407 Abs. 2 BGB führt – anders als § 325 ZPO – zu einer Rechtskrafterstreckung nur gegen den Zessionar. Diese Voraussetzung wäre im Streitfall gegeben, da die Klage des Versicherten K gegen die Bekl. abgewiesen worden ist. Die Vorschrift des § 407 Abs. 2 BGB verwehrt es aber dem Schuldner, sich auf eine ...