AVB-Ratenschutzversicherung § 2 § 3 § 6; VVG § 168
Leitsatz
1. Die Klausel einer Ratenschutz-Versicherung (hier § 6 AVB-RSV)
"Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die der versicherten Person bekannten ernstlichen Erkrankungen (das sind Erkrankungen des Herzens und des Kreislaufs, der Wirbelsäule und Gelenke, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektion/Aids, chronische Erkrankungen) oder Unfallfolgen, wegen derer die versicherte Person in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich behandelt wurde."
Diese Einschränkung gilt nur, wenn der Versicherungsfall binnen der ersten 24 Monate nach Beginn des Versicherungsschutzes eintritt und mit diesen Erkrankungen oder Unfallfolgen in ursächlichem Zusammenhang steht.“
ist intransparent.
2. Die Vereinbarung einer durch die kreditgebende Bank darlehensfinanzierten Einmalprämie in einer Ratenschutz-Versicherung stellt keine Umgehung des § 168 Abs. 1 VVG dar. Eine Kündigungsklausel, die dem Versicherten ein Kündigungsrecht nach Maßgabe der Fristen des § 11 Abs. 4 VVG einräumt, ist wirksam.
BGH, Urt. v. 10.12.2014 – IV ZR 289/13
Sachverhalt
Die Bekl. bietet unter anderem Ratenschutz-Versicherungsverträge an und unterhält mit der S Bank AG (im Folgenden: Bank) als VN einen Gruppenversicherungsvertrag, dem Verbraucher, welche mit der Bank einen Darlehensvertrag schließen, durch Ankreuzen eines Textfeldes im Darlehensantrag und Unterzeichnung einer Beitrittserklärung als versicherte Personen beitreten können. Sie können dabei den Umfang des Versicherungsschutzes nach verschiedenen versicherten Positionen (Tod, Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit) wählen. In diesem Fall sieht der Darlehensantrag im Abschnitt "Errechnung der Darlehenssumme" vor, die für die Ratenschutz-Versicherung anfallende Einmalprämie dem Nettodarlehensbetrag hinzuzurechnen, so dass diese Versicherungsprämie ebenfalls über das Darlehen finanziert wird.
Der Ratenschutz-Versicherung liegen unter anderem Allgemeine Bedingungen der Bekl. für die Ratenschutz-Versicherung (AVB-RSV) zugrunde. Sie enthalten auszugsweise die nachfolgenden Regelungen, deren hier fett gedruckte Passagen in den §§ 3 und 6 der Kl. beanstandet:
"§ 2 Beitragszahlung"
Der RSV-Beitrag wird als Einmalbetrag durch den Versicherungsnehmer entrichtet.
§ 3 Beginn und Ende des Versicherungsverhältnisses
Das Versicherungsverhältnis wird für die Laufzeit des Darlehens (in Monaten) vereinbart und endet mit dem Ablauf der ursprünglich vereinbarten Darlehenslaufzeit. Der Versicherungsschutz beginnt … mit dem Datum der Darlehensauszahlung, jedoch nicht vor Unterzeichnung des Beitrittsantrages und frühestens zwei Monate vor Fälligkeit der ersten Rate. Der Versicherungsschutz endet mit dem Tod der versicherten Person, längstens nach 120 Monaten.
Nach Ablauf der 30-tägigen Widerrufsfrist kann die versicherte Person schriftlich von dem VN die Kündigung des Versicherungsverhältnisses gem. den gesetzlichen Bestimmungen des VVG verlangen. Danach kann das Versicherungsverhältnis, das für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Vertragsjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. … [es folgen Regelungen zur Wahrung der Frist und zur Kündigungsadressatin] … “
§ 6 betrifft den Risikoausschluss für Vorerkrankungen.
"§ 8 Empfänger der Versicherungsleistung"
Leistungen aus dem Versicherungsverhältnis werden an den VN (Darlehensgeber) zugunsten des Finanzierungskontos erbracht (unwiderrufliches Bezugsrecht), es sei denn, dieser nimmt eine andere Bestimmung vor. Verbleibt im Leistungsfall nach Tilgung des Darlehens ein Betrag, wird dieser an die versicherte Person oder hilfsweise an ihre Erben ausgezahlt.“
Mit Schreiben v. 29.3.2011 forderte der Kl. die Bekl. erfolglos zur Erklärung einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung auf.
2 Aus den Gründen:
[16] "… I. Revision der Bekl."
[17] Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das BG dem Kl. gem. den §§ 1, 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch darauf zuerkannt, dass die Bekl. die Verwendung der Leistungsausschlussklausel des § 6 AVB-RSV unterlässt, und die geforderte Abmahnpauschale zugesprochen. …
[21] 2. § 6 AVB-RSV ist unwirksam. Die Regelung benachteiligt die Versicherten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nicht klar und verständlich ist (§ 307 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB).
[22] a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei ist im Regelfall auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auch auf seine Interessen abzustellen. … Liegt – wie hier – ein Gruppenversicherungsvertrag vor, so kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (vgl. etwa für die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: Senat VersR 2011, 611 Rn 11 m.w.N....