[9] "… Zu Recht hat das BG eine Arbeitsunfähigkeit des Kl. i.S.v. § 1 (3) MB/KT für den Monat April 2010 verneint, weil er in dieser Zeit seine berufliche Tätigkeit, wenn auch in eingeschränktem Umfang, ausgeübt hat. Damit fehlt es für diesen Zeitraum an bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch nach § 1 (1) S. 2 MB/KT."
[10] 1. Bereits eine nur zum Teil gegebene Arbeitsfähigkeit genügt, um den Anspruch auf Krankentagegeld auszuschließen, sofern der Versicherte seinem Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung teilweise nachgehen kann oder tatsächlich nachgeht (Senat VersR 2013, 615 Rn 13; VersR 1993, 297 unter II 1). Soweit es dabei um die Bewertung einer vom Versicherten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit geht, ist nur entscheidend, ob die fragliche Tätigkeit nach ihrer Art der zuletzt konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist (Senat VersR 2007, 1260 Rn 19).
[11] 2. Zu Recht ist das BG danach zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kl. im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme eine berufliche Tätigkeit i.S.v. § 1 (3) MB/KT ausgeübt hat, weil es auf den Umfang der Tätigkeit nicht ankommt, wie eine Auslegung der Klausel ergibt. …
[12] a) AVB sind nach st. Rspr. des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. … Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind. …
[13] b) Dem Wortlaut der Regelung in § 1 (3) MB/KT wird der VN zunächst entnehmen, dass es für die Frage seiner Arbeitsunfähigkeit allein darauf ankommt, ob er zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch nur teilweise in der Lage ist oder diese jedenfalls in Teilbereichen ausübt.
[14] Ob hiervon eine Ausnahme bei bloßen Arbeitsversuchen insb. solchen zu therapeutischen Zwecken zu machen ist (so LG Hannover VersR 1991, 1281; offen gelassen Senat VersR 1985, 54 unter II 3; vgl. auch Senat VersR 2007, 1260 Rn 31 ff.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Anders als die Revision meint, erbrachte der Kl. seine Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des BG nicht im Rahmen eines solchen Arbeitsversuchs.
[15] Unstreitig ist der Kl. in diesem Monat an seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber in zeitlich begrenztem Umfang inhaltlich derselben Tätigkeit nachgegangen, die er dort bereits vor seiner Erkrankung ausgeübt hatte.
[16] Bei der Wiedereingliederung i.S.v. § 74 SGB V handelt es sich um eine stufenweise Wiederaufnahme der vorherigen Berufstätigkeit, die die Fähigkeit, diese Tätigkeit teilweise verrichten zu können, voraussetzt und bei der es allein darum geht, den Arbeitnehmer schonend, aber kontinuierlich wieder an die Belastungen seines Arbeitsplatzes heranzuführen (Hess, in: KK-Sozialversicherungsrecht, § 74 SGB V Rn 2 Stand Dezember 2014). Eine solche Tätigkeit des Arbeitnehmers stellt deshalb keinen bloßen Arbeitsversuch dar; sie ist ungeachtet ihrer zeitlichen Reduzierung und unbeschadet einer im Einzelfall fehlenden Lohnzahlung als Ausübung beruflicher Tätigkeit zu qualifizieren. Dafür spricht, dass sie auch im Falle zunächst fehlender Lohnzahlung durch das stufenweise Heranführen der Vorbereitung der vollständigen Arbeitsaufnahme im Beruf gegen Entgeltzahlungen des Arbeitgebers dient.
Soweit § 1 (3) MB/KT auch auf eine anderweitige Erwerbstätigkeit des Versicherten abstellt, betrifft dies ersichtlich nur Tätigkeiten außerhalb des zuletzt ausgeübten Berufs. Daraus kann der VN nicht darauf schließen, dass es selbst bei der Ausübung von Tätigkeiten, die zu seinem Berufsfeld gehören, auf ein hierfür gezahltes Entgelt oder dessen Höhe ankommen soll. Vielmehr entfällt der Anspruch nach dem Wortlaut der Regelung, wenn er seinem Beruf in der konkreten Ausgestaltung auch nur teilweise nachgeht.
[17] c) Eine davon abweichende Beurteilung ist nicht aufgrund des Sinn und Zwecks der Regelung geboten.
[18] aa) Allerdings verfolgt die Krankentagegeldversicherung grds. den Zweck, den VN vor Verdienstausfall durch Arbeitsunfähigkeit als Folge von Krankheiten oder Unfällen zu schützen. Dieser Zweck ist in § 1 (1) S. 1 MB/KT ausdrücklich niedergelegt. Insoweit dient die Versicherung auch der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen (Senat BGHZ 117, 92, 95).
[19] bb) Auch der durchschnittliche VN kann jedoch erkennen, dass mit ihr kein umfassender Schutz gegen jegliche Einkommenseinbußen bezweckt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Versicherungsschutz erst bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit eingreift, während bereits eine nur zum Teil bestehende Arbeitsfähigkeit typischerweise ebenfalls Einkommenseinbuße...