BGB § 253 Abs. 2 § 829; StPO § 403 § 404 Abs. 1 § 406 Abs. 1

Leitsatz

Der vom 2. Strafsenat beabsichtigten Entscheidung, in der Strafsache gegen E. (2 StR 337/14) die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld aufzuheben, soweit die Bemessung auf der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch des Angeklagten beruht, steht die Rspr. des 3. Strafsenats entgegen; an dieser Rspr. hält der 3. Strafsenat fest. Im Übrigen hält der 3. Strafsenat an Rspr., die den beabsichtigten Entscheidungen entgegenstehen kann, nicht fest.

BGH, Beschl. v. 5.3.2015 – 3 ARs 29/14

Sachverhalt

Der 2. Strafsenat des BGH hatte im Rahmen der Revision über zwei zu ihm gelangte Adhäsionsverfahren zu entscheiden. In dem einen Verfahren hatte das LG bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in seiner Adhäsionsentscheidung u.a. die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten nicht berücksichtigt, in dem zweiten Verfahren berücksichtigte das LG u.a. ausdrücklich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und ohne nähere Ausführungen die des Geschädigten. In der Revisionsentscheidungen wurde die Entscheidung über die Adhäsionsgesuche zurückgestellt. Der BGH ging aufgrund der Rechtsmittel der Angeklagten Antragsschriften des Generalbundesanwalts davon aus, dass die Berücksichtigung des Schmerzensgeldes zu überdenken sei und hielt dies für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.

Der 3. Strafsenat nahm zu dem Vorlagebeschluss Stellung:

Aus den Gründen

[7] II. "… An Rspr., die der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats im Verfahren 2 StR 137/14 entgegenstehen könnte, hält der 3. Strafsenat nicht fest. Schon nach den aus der bisherigen Rspr. des BGH abzuleitenden Maßstäben für die Bemessung von Schmerzensgeld sähe der 3. Strafsenat nunmehr keinen Anlass mehr, in der beschriebenen Fallgestaltung die Höhe der zugebilligten Entschädigung wegen Darlegungsmängeln zu beanstanden und deshalb die Verurteilung des Angeklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld aufzuheben."

[8] 1. Nach dem Beschluss des Großen Senats für Zivilsachen vom 6.7.1955 – GSZ 1/55 (BGHZ 18, 149) “können’ bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld alle Umstände des Falles berücksichtigt werden, darunter auch der Grad des Verschuldens des Verpflichteten und die wirtschaftlichen Verhältnisse beider Teile.

[9] a) Mit dieser Fassung seiner Antwort auf die Vorlagefrage wollte der Große Senat für Zivilsachen “zum Ausdruck zu bringen, dass nicht alle erwähnten Umstände in jedem Einzelfall berücksichtigt werden müssen, sondern nur nach dessen Lage berücksichtigt werden können.’ In erster Linie sei für die Bemessung des Schmerzensgeldes die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen; hierauf liege das Schwergewicht. Daneben könnten aber auch alle Umstände berücksichtigt werden, die dem einzelnen Schadensfall sein “besonderes Gepräge’ geben. Was die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers betreffe, sei aber zu beachten, dass besonders verwerfliches Verhalten wie rücksichtsloser Leichtsinn oder gar Vorsatz den Gedanken, diesen vor wirtschaftlicher Not zu bewahren, “weitgehend zurückdrängen’ könnten. Was demgegenüber die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verletzten anbelangt, betont die Entscheidung deren weitgehende Ambivalenz in Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles. So könnten deutliche Ungleichheiten der Vermögensverhältnisse beider Parteien einerseits je nach Lage des Falles dazu führen, von den bestehenden Ermessensmöglichkeiten zugunsten oder zu Lasten des Schädigers in höherem oder in geringerem Maße Gebrauch zu machen. Andererseits erscheine es nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall “der gewohnte höhere Lebensstandard des Verletzten’ auch einmal zu einer Erhöhung des Schmerzensgeldes führen könne.

[10] b) Daraus wird deutlich, dass der Große Senat für Zivilsachen den wirtschaftlichen Verhältnissen von Schädiger und Geschädigtem im Wesentlichen nur die Funktion eines Korrektivs für besonders gelagerte Fälle beigemessen hat. Soweit die zivilrechtliche Literatur an der Berücksichtigungsfähigkeit der wirtschaftlichen Verhältnisse festhält, vertritt sie dementsprechend ebenfalls die Auffassung, dass diese nur ausnahmsweise für den Anspruch von Belang sind (vgl. Schiemann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2005, § 253 Rn 42). Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis kann bei der Beurteilung der tatrichterlichen Darlegungspflichten nicht außer Betracht bleiben.

[11] 2. Nichts anderes ergibt sich aus der langjährigen st. Rspr. der Strafsenate des BGH …

[12] So hat der 1. Strafsenat (Urt. v. 7.2.1995 – 1 StR 668/94, NJW 1995, 1438) den Tatrichter lediglich zur Erörterung “ganz ungewöhnlicher’ wirtschaftlicher Verhältnisse von Schädiger oder Geschädigtem verpflichtet angesehen. Zwar könnten die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten die Zumessung des Schmerzensgelds beeinflussen. Dies bedeute jedoch nicht, dass diese Verhältnisse und ihr Einfluss auf die Bemessung in jedem Fall ausdrücklich erörtert werden müssten. Das Schwergewicht li...

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