Konkret rechnet der Geschädigte ab, wenn er seinen Schaden hat beseitigen lassen und nun – "bewaffnet" mit der Reparaturrechnung – Ersatz der bei der Schadensbeseitigung tatsächlich angefallenen Kosten verlangt. Der Senat hatte sich damit in letzter Zeit wiederholt etwa im Zusammenhang mit den Kosten für Unfallgutachten sowie in den sogenannten "Ölspurfällen" zu befassen:
I. Sachverständigenkosten
1. Urt. v. 11.2.2014 – VI ZR 225/13
Der Kläger war mit seinem Fahrzeug in einen Verkehrsunfall mit der Beklagten verwickelt. Die Beklagte haftete zu 100 %. Der Kläger holte ein Kfz-Schadensgutachten ein. Der Gutachter errechnete einen Reparaturaufwand von rund 1.050 EUR netto und berechnete dem Kläger für das Gutachten 534,55 EUR brutto. Davon entfielen netto 260 EUR auf das Grundhonorar, der Rest auf Auslagen und Umsatzsteuer. Als Auslagen wurden – netto – berechnet: 22,40 EUR für Lichtbilder, 75 EUR für "Telefon/EDV, Porto, Schreibkosten" und 91,80 EUR für Fahrtkosten.
Die Beklagte erstattete dem Kläger nur 390 EUR. Die restlichen 144,55 EUR waren Gegenstand der Klage. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht sprach dem Kläger weitere 56,90 EUR zu. Es stützte sich dabei auf seine Schätzungsbefugnis aus § 287 ZPO. Dabei legte es im Ausgangspunkt zwar die dem Kläger vom Gutachter erteilte Rechnung zugrunde, begrenzte die Erstattungsfähigkeit der einzelnen Rechnungsposten dann aber unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Honorarumfrage des Bundesverbands der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen 2010/2011, die sogenannte BVSK-Honorarbefragung 2010/2011. Diese gab Honorarkorridore wieder, und zwar sowohl für das Grundhonorar als auch für einzelne Nebenkostenpositionen. Positionen der Rechnung, die innerhalb des jeweiligen Honorarkorridors lagen, wurden vom Berufungsgericht voll berücksichtigt, Positionen, die den ausgewiesenen Rahmen überschritten, kappte das Berufungsgericht an der Obergrenze des jeweiligen Korridors – zu Unrecht, wie der VI. Zivilsenat des BGH in der Revision feststellte. Aber warum? § 287 ZPO erlaubt die Schadensschätzung doch ausdrücklich. Dass dabei in geeigneten Fällen Listen und Tabellen Verwendung finden dürfen, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. Und wenn der Tatrichter eine Liste oder Tabelle als brauchbare Schätzgrundlage beurteilt hat, dann wird das in der Revision regelmäßig hinzunehmen sein. Zudem hängt die BVSK-Honorarbefragung nicht im luftleeren Raum, mag sie auch von einem Interessenverband stammen, der tendenziell an höheren Sachverständigenhonoraren interessiert sein dürfte. Um zu verstehen, warum das Berufungsurteil dennoch aufgehoben wurde, bedarf es eines genaueren Blicks auf den "Mechanismus" des § 249 Abs. 2 BGB im Falle der konkreten Schadensabrechnung:
2. Konkrete Schadensabrechnung als Fall des § 249 Abs. 2 BGB
Der VI. Zivilsenat behandelt die konkrete Schadensabrechnung in der dargestellten Konstellation als Fall des § 249 Abs. 2 BGB, nicht als Fall des § 249 Abs. 1 BGB. Unbedingt zwingend ist das nicht. Konstruktiv könnte man durchaus auf den Gedanken kommen, dass der eigentliche Schaden die Verbindlichkeit ist, die der Geschädigte bei der Beauftragung des – im Streitfall – Sachverständigen eingeht, und dass die Freistellung von dieser Verbindlichkeit bzw. der Ersatz der für ihre Tilgung aufgewendeten Mittel die Naturalrestitution i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB darstellt. Dass auch die Belastung mit einer Verbindlichkeit ein zu ersetzender Schaden sein kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannt. Dass sie der Geschädigte eigenverantwortlich eingegangen ist, ist unerheblich – Stichwort "Herausforderungsfälle". Überzeugend wäre der Ansatz über § 249 Abs. 1 BGB aber nicht. Denn Zweck der Regelung des § 249 Abs. 2 BGB ist es gerade, den Geschädigten die Schadensbeseitigung in Eigenregie durchführen zu lassen und ihm die dafür erforderlichen Mittel zu Verfügung zu stellen. Den Fall des Kostenersatzes für eine vom Geschädigten in Eigenregie durchgeführte Reparatur regelt also § 249 Abs. 2 BGB speziell. Diese gesetzgeberische Entscheidung würde mit der Konstruktion über § 249 Abs. 1 BGB unterlaufen.