BGB § 323 § 326 Abs. 5 § 434 Abs. 1 § 437 Nr. 2
Leitsatz
Verwendet ein gewerblicher Kfz-Verkäufer in der Kaufvertragsurkunde die Formulierung "abg. Tachostand", so handelt es sich hierbei weder um eine positive noch um eine negative Beschaffenheitsvereinbarung, sondern lediglich um eine Wissensmitteilung, deren Erklärungswert beschränkt ist und für deren Richtigkeit der Verkäufer durch die Einschränkung "abg." für "abgelesen" gerade nicht einstehen will.
(Leitsatz des Einsenders)
LG Offenburg, Urt. v. 25.10.2013 – 3 O 180/12
Sachverhalt
Der Kl. kaufte von dem gewerblich handelnden Bekl. einen Pkw zum Preise von 14.990 EUR. Nachdem auf einer Urlaubsreise des Kl. ein Motorschaden an dem Fahrzeug auftraf, verbrachte der Kl. das Fahrzeug in die Werkstatt des Bekl. Der Kl. forderte den Bekl. erfolglos zur Nachbesserung auf und erklärte sodann den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit der Klage verfolgt der Kl. die Rückabwicklung des Kaufvertrages durch Rückzahlung eines überwiegenden Teils des gezahlten Kaufpreises an die den Kauf finanzierende Bank, und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Hierzu behauptet er, dass das Fahrzeug mangelhaft sei. Da nach den Feststellungen des Sachverständigen das Fahrzeug bei dem Verkauf eine Laufleistung von 255.604 km statt der im Kaufvertrag angegebenen 74.000 km aufgewiesen habe, sei auch eine arglistige Täuschung durch den Bekl. anzunehmen. Deshalb hat der Kl. die Anfechtung des Kaufvertrages erklärt. Im Kaufvertrag hatte der Bekl. die Laufleistung von 74.000 km mit der Anmerkung "abg. Tachostand" verbunden. Der Kl. behauptet, Verbraucher und nicht Unternehmer zu sein, so dass der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss nicht eingreife. Da eine falsche Betankung des Fahrzeuges nicht stattgefunden habe, sei Ursache des Motorschadens entgegen der Ansicht des Bekl. nicht gewesen, dass Benzin statt Diesel getankt worden sei.
Das LG wies die Klage ab.
2 Aus den Gründen:
" … Dem Kl. steht wegen der von ihm erklärten Anfechtung des Kaufvertrages ein Rückzahlungsanspruch nicht zu, da der Kaufvertrag nicht wirksam angefochten worden ist."
1. Gründe für eine Anfechtung des Vertrages wegen eines Inhalts- oder Erklärungsirrtums i.S.v. § 119 BGB sind nicht dargelegt.
II. Auch die Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung des Vertrages wegen einer arglistigen Täuschung sind nicht schlüssig dargelegt. Nach § 123 BGB setzt dies voraus, dass der Kl. arglistig getäuscht worden wäre. Offensichtlich meint der Kl. hier die Angabe zur Laufleistung des Fahrzeugs im schriftlichen Kaufvertrag. Zwar geht der Sachverständige aufgrund seiner Begutachtung des Fahrzeugs davon aus, dass das Fahrzeug statt 74.000 km eine Laufleistung von rund 255.000 km gehabt haben muss. Der Kl. hat jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass der Bekl. dies gewusst hat.
B. Dem Kl. steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises aus §§ 437 Nr. 2, 323, 326 Abs. 5 BGB wegen eines Rücktritts vom Kaufvertrag nicht zu.
Nach den genannten Vorschriften kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, wenn die Kaufsache mangelhaft ist. Dies ist hier nicht der Fall.
I. Gem. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln,“ … wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat … ’. Nach S. 2 dieser Bestimmung ist die Sache, soweit eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart ist, frei von Sachmängeln,
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wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1) oder |
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wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). |
1. Eine Abweichung der vereinbarten Beschaffenheit von der tatsächlichen Beschaffenheit des Fahrzeugs liegt nicht darin, dass das Fahrzeug nach den Feststellungen des Sachverständigen eine möglicherweise deutlich höhere Laufleistung hat als im Kaufvertrag erwähnt (255.604 km statt 74.000 km). Im Kaufvertrag heißt es: “ … ABG, TACHOSTAND: 74.000 … ’. Dies kann nur als “abgelesener Tachostand’ verstanden werden. Bei einer solchen Formulierung handelt es sich weder um eine positive noch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung, sondern lediglich um eine Wissenserklärung oder Wissensmitteilung, die erkennbar auf eine objektiv feststellbare und überprüfbare Information Bezug nimmt, deren Erklärungswert jedoch beschränkt ist und für deren Richtigkeit der Verkäufer durch die Einschränkung “abgelesen’ gerade nicht einstehen will (so BGH NJW 2008, 1517 für die vergleichbare Formulierung “Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein’; vgl. zur Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache i.S.v. § 459 Abs. 2 BGB a.F. BGHZ 135, 393, 398). Das Auto war daher bei der Übergabe nicht deshalb mangelhaft, weil der angelesene Tachostand nicht stimmte.
2. Nach § 446 S. 1 BGB geht die Gefahr mit Übergabe der verkauften Sache über. Der hier in Rede stehende Motorschaden, der dazu führte, dass das Fahrzeug nicht mehr fahrbereit war und abgeschleppt werden musste, ist zwar eine dem Kl. nachteilige Ab...