"Die zulässige Berufung der Kl. hat weitgehend Erfolg."
Der Kl. steht aufgrund ihres Motorradunfalles vom … gegen 9.40 Uhr auf der L … kurz hinter der Ortsdurchfahrt M-L ein Schadensersatzanspruch gegen das beklagte Land gem. § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 9, 9a Straßen- und Wegegesetz NW zu.
1. Aufgrund des Ergebnisses der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Kl. am … 2012 auf der L … bei regennasser Straße mit ihrem Motorrad gestürzt ist und das in ihrem Eigentum stehende Motorrad dadurch beschädigt wurde. Den Unfallhergang hat nicht nur die Kl. plausibel bei ihrer Anhörung durch den Senat geschildert, sondern er wurde auch durch den Zeugen I glaubhaft bestätigt. (wird ausgeführt)
2. Das beklagte Land hat die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil der Fahrbahnbelag im Bereich der Unfallstelle eine unzureichende Griffigkeit aufwies.
Aus den o.g. Vorschriften des Straßen- und Wegegesetzes NW ergibt sich für das beklagte Land die Verpflichtung, die von ihm unterhaltenen Verkehrsflächen von abhilfebedürftigen Gefahrenstellen frei zu halten. Es muss dabei nicht für alle erdenklichen, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge treffen. Eine absolute Gefahrlosigkeit kann nicht gefordert werden. Grundsätzlich muss sich auch der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss jedoch in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für den Benutzer, der die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (vgl. nur BGH NZV 2012, 533 m.w.N.). Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls. Maßgebend ist die Sicherheitserwartung des Verkehrs, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche, ihrer Verkehrsbedeutung und dem Maß der Ablenkung der Verkehrsteilnehmer orientiert (vgl. nur OLG Hamm, 9. Zivilsenat, NJW-RR 2006, 1100).
Den danach zu stellenden Anforderungen hat das beklagte Land nicht genügt. Die Verhandlung vor dem Senat hat ergeben, dass der Fahrbahnbelag an der Unfallstelle mindestens seit dem Jahre 2008 eine mangelhafte Griffigkeit aufwies, aufgrund derer nicht mehr gewährleistet war, dass Motorradfahrer trotz Einhaltung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt den streitgegenständlichen Streckenabschnitt bei Nässe gefahrlos passieren konnten. Im Senatstermin vom 13.11.2015 hat das beklagte Land einräumen müssen, dass bereits im Rahmen einer Straßenzustandserhebung im Jahre 2008 eine Griffigkeit ermittelt wurde, die mit einem Seitenkraftbeiwert unterhalb des sog. Schwellenwerts des von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen erstellten Merkblatts zur Bewertung der Straßengriffigkeit bei Nässe (im Folgenden M BGriff) lag und zu einer Bewertung mit “mangelhaft’ führte. Den Umstand, dass das beklagte Land bis zur letzten mündlichen Verhandlung im vorliegenden Rechtsstreit die ihm vorliegenden Ergebnisse der Straßenzustandserhebung nicht bekanntgab, auf Auflage des Senats hin zunächst nur einen unvollständigen, die maßgeblichen Zahlen nicht enthaltenen Auszug aus der Tabelle vorgelegt hat und das Bestreiten unzureichender Griffigkeit der Straße aufrechterhielt, braucht der Senat nicht weiter zu kommentieren.
Die im Jahre 2008 erhobenen Werte korrespondieren mit den Ergebnissen der Messungen, die der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. S bei Anfertigung seines Gutachtens vom 18.12.2013 im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens LG Bielefeld, Az. 18 OH 2/13, durchführen ließ. Auch bei der von ihm veranlassten Untersuchung ergaben sich Seitenkraftbeiwerte, die bei zahlreichen Einzelpunkten im hier betroffenen Straßenbereich nicht nur unterhalb des Warnwertes der Tabelle 2 des M BGriff, sondern sogar unterhalb des Schwellenwertes lagen, weshalb der Sachverständige überzeugend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Fahrbahn eine für die Verkehrssicherheit kritische Griffigkeit aufwies, die ein erhöhtes Unfallrisiko zur Folge haben konnte.
Die im Jahre 2008 erhobenen und spätestens im Jahre 2010 dem für das Land handelnden Landesbetrieb Straßenbau NRW vorliegenden Werte hätten zumindest insofern Veranlassung zu Abhilfemaßnahmen geben müssen, als das Land gehalten gewesen war, im Bereich der späteren Unfallstelle das Verkehrszeichen 114 gem. der Anlage 1 zu § 40 Abs. 6 und 7 StVO (Schleuder- oder Rutschgefahr) mit Zusatzschild 1052-36 “bei Nässe’ i.V.m. einer jedenfalls bei Nässe geltenden Tempobegrenzung auf maximal 30 km/h gem. Zeichen 274 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO aufzustellen, was das beklagte Land vorwerfbar unterlassen hat. Ob es darüber hinaus noch geboten gewesen wäre, den betreffenden Fahrbahnabschnitt baulich zu sanieren, kann dahinstehen.
Ohne Erfolg macht demgegenüber das beklagte La...