Vor diesem Hintergrund ist also die Erhebung von Beweisen von besonderer Bedeutung. Denn ohne Beweise gibt es keine Verurteilung. Folgerichtig wird ein Strafverteidiger seinen Mandanten über die Vor- und Nachteile einer Einlassung beraten. Insbesondere wird er zu prüfen haben, ob ggf. Beweisverwertungsverbote vorliegen und ob Beweisanträge zur Dokumentation bestimmter Tatsachen erforderlich sind.
Gleiches gilt auch für das Zivilrecht, wo der Anspruchsteller bzw. Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen zu behaupten und im Falle des Bestreitens zu beweisen hat, mithin liegt die Beweislast bei einer Schadenregulierung im Verkehrsunfallrecht bei dem Geschädigten. Aber es gelten auch Beweiserleichterungsregelungen wie der sog. Anscheinsbeweis und ggf. greift auch einmal eine Beweislastumkehr.
I. Beweisgewinnung und Beweisverwertung
Es soll näher die Frage beleuchtet werden, wer für die Gewinnung von Beweisen zuständig ist, wie diese ggf. gesichert werden und wie im späteren Fall die Verwertung vor den zuständigen Gerichten vonstatten geht.
Zu unterscheiden sind zunächst die infrage kommenden Beweismittel, die sowohl im Zivilprozess wie auch im Strafprozess oder in einem bußgeldrechtlichen Verfahren eine Rolle spielen: Hierzu gehören der Sachverständigenbeweis, die Augenscheinseinnahme, die Parteivernehmung bzw. die Einlassung, der Inhalt von Urkunden und schließlich der Zeugenbeweis.
Dabei ist festzuhalten, dass ein Straf- bzw. Bußgeldverfahren bei einem schweigenden Angeklagten bzw. Betroffenen ohne die Einführung von Beweisen in den Prozess keine Verurteilung herbeiführen kann. Selbst bei einer Einlassung oder aber im Zivilprozess bei der Parteivernehmung ist genau abzuwägen, ob diese Einlassung oder Einvernahme zugunsten oder gegen den Betroffenen streitet:
"Die meisten Richter wissen genauso viel über das Leben wie die meisten anderen Bürger auch. Es ist jedoch ihr Beruf, den eigenen Vorurteilen nicht zu trauen. Sie sollen nicht bestrafen, wen sie für einen Drecksack halten, und nicht freisprechen, wen sie gut leiden können. Sondern nach der Feststellung von Haupttatsachen suchen, und nach der Feststellung von Gegentatsachen, die dem entgegenstehen (war es Notwehr?). Alles hängt daran, was ein "Beweis" ist. Ist der Beweis geführt, so sagt es das Gesetz und so meinen wir, ist die Folge zwangsläufig, denn dann kennen wir die Schuld und finden die angemessene Strafe".“
II. Akteneinsicht
In der Verteidigung gilt zunächst, dass möglichst frühzeitig die in Art. 6, 47, 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, Art. 5, 6 EMRK, der Richtlinien 2012/13/EU vom 22.5.2012 sowie 2010/64/EU vom 20.10.2010 und schließlich § 147 StPO festgeschriebene Akteneinsicht genommen wird, um die Beweisgewinnung nachzuvollziehen und andererseits die Verwertbarkeit zu überprüfen. Dies gilt gleichermaßen im Bußgeldverfahren: "Besonderheiten, die im Einzelfall Zweifel an der Korrektheit der Messung aufkommen lassen, können und müssen vom Betroffenen bzw. seinem Verteidiger vorgebracht werden, wenn das Gericht sie nicht von sich aus aufgreift; man kann hier ruhig von einer gewissen "Beibringungslast" des Betroffenen sprechen.“ "
Dies umfasst auch die Frage etwaiger Reparaturarbeiten, Wartungen, Eingriffe etc. an den Messgeräten – schließlich müssen die Authentizität der Messung und die fehlerfreie Funktion des Messgerätes (durch den Betroffenen oder Beschuldigten) nachgeprüft werden können. Schon aus den Reparaturen aber ist ersichtlich, dass ggf. fehlerhafte Ergebnisse generiert werden können. Die Akteneinsicht zu gewähren, selbst wenn es sich nicht um aktengegenständliche Informationen handelt, ist damit Ausfluss des fair-trial-Prinzips. Dies bestätigte auch jüngst das OLG Brandenburg unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Jena für die Frage der sog. Lebensakte eines eingesetzten Messgerätes.
Ebenso gilt dies für die konkrete Messdatei bei der Verwaltungsbehörde.