ZPO § 269 Abs. 3 S. 2 § 494a
Leitsatz
Der ASt. hat in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grds. die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens zu tragen, wenn er den angeforderten Auslagenvorschuss, von dessen Einzahlung das Gericht die Beweiserhebung abhängig gemacht hat, trotz Erinnerung seitens des Gerichts nicht einzahlt und eine Beweiserhebung deshalb unterbleibt. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine solche Kostenentscheidung auf Antrag im selbstständigen Beweisverfahren.
BGH, Beschl. v. 14.12.2016 – VII ZB 29/16
Sachverhalt
Die ASt. hatte mit Schriftsatz v. 28.4.2015 beim AG Berlin Tempelhof-Kreuzberg die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens u.a. gegen die AG zu 1 beantragt. Das AG hat durch Beschl. v. 19.6.2015 die beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet. Die Einholung des Gutachtens hat das AG davon abhängig gemacht, dass die ASt. binnen 10 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses 2.000 EUR als Auslagenvorschuss einzahlt. Mit Verfügung v. 20.7.2015 hat das AG dem Verfahrensbevollmächtigten der ASt. mitgeteilt, der Auslagenvorschuss sei noch nicht eingezahlt worden. Mit weiterer Verfügung v. 18.8.2015 hat das AG die Verfahrensbevollmächtigten aller Beteiligten darauf hingewiesen, dass die ASt. bis zu diesem Tage den Auslagenvorschuss nicht eingezahlt habe und dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei. Ferner hat das AG angekündigt, die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens durch deklaratorischen Beschluss festzustellen. Mit Beschl. v. 22.9.2015 hat das AG – wie angekündigt – die Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens festgestellt. Ein Hauptsacheverfahren war und ist nicht anhängig.
Mit Schriftsatz vom 1.12.2015 hat die AG zu 1 beantragt, ihre Kosten der ASt. aufzuerlegen. Diesen Antrag hat das AG zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der AG zu 1 hat das LG Berlin die amtsgerichtliche Entscheidung dahin geändert, dass der ASt. die Kosten der AG zu 1 entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auferlegt werden. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der ASt. hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[10] "… II. Die nach § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der ASt. ist nicht begründet. …"
[13] a) Im selbstständigen Beweisverfahren ergeht grds. keine Kostenentscheidung (BGH NJW-RR 2004, 1005). Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens sind Kosten des Hauptsacheverfahrens, über die in der Regel in diesem Verfahren entschieden wird (vgl. BGH RVGreport 2007, 440 = AGS 2007, 586; BGH NJW 2014, 1018 = JurBüro 2014).
[14] In Ausnahmefällen kann hingegen eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren ergehen:
[15] Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, weil der ASt. nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptsacheverfahrens absieht, soll der AG durch § 494a ZPO so gestellt werden, als habe er obsiegt (BGH NJW 2009, 3240); insoweit kann unter den Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 S. 1 ZPO auf Antrag eine Kostenentscheidung zu Lasten des ASt. ergehen.
[16] Darüber hinaus kann eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren auch dann ergehen, wenn der ASt. seinen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurücknimmt. In diesem Fall hat der ASt. in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grds. die Kosten zu tragen. Ist kein Hauptsacheverfahren anhängig, in dem diese Kostenfolge ausgesprochen wird, und haben die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt, ergeht eine Kostenentscheidung auf Antrag im selbstständigen Beweisverfahren (vgl. BGH RVGreport 2005, 80 = AGS 2005, 31; BGH AGS 2005, 514 = NJW-RR 2005, 1015; BGH RVGreport 2011, 120 = AGS 2011, 144; BGH RVGreport 2015, 437 (Hansens) = AGS 2015, 342).
[17] Eine einseitige Erledigungserklärung, die im selbstständigen Beweisverfahren unzulässig ist, ist regelmäßig als Antragsrücknahme mit der Kostenfolge entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO aufzufassen, wenn nach dem Willen des ASt. das selbstständige Beweisverfahren endgültig beendet sein soll (BGH AGS 2012, 87; BGH RVGreport 2011,120 = AGS 2011,144).
[18] Eine Kostenentscheidung zu Lasten des ASt. kann im selbstständigen Beweisverfahren auch dann ergehen, wenn der Antrag als unzulässig zurückgewiesen wird (vgl. BGH RVGreport 2011, 120 = AGS 2011, 144; BGH AGS 2012, 87 = NJW-RR 2011, 932).
[19] b) In Rspr. und Literatur ist umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren entsprechend § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO ergehen kann, wenn der ASt. den vom Gericht angeforderten Auslagenvorschuss nicht einzahlt und die beantragte Beweiserhebung deshalb unterbleibt.
[20] aa) Teilweise wird vertreten, dass § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO in derartigen Fällen grds. nicht entsprechend anwendbar ist (vgl. OLG Köln NJW 2015, 708 = NZBau 2015, 168 OLG Frankfurt Bau...