AVB Betriebshaftpflichtversicherung Ziff. 10.1
Leitsatz
Füllt ein Transportunternehmer gelieferten Dieselkraftstoff in ein Tanklager für Benzin allein aufgrund der Schwerkraft der Ladung, ohne dass dafür die Antriebskraft des Tanklastfahrzeugs benutzt wird, liegt kein Gebrauch eines Kfz vor.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Düsseldorf, Urt. v. 19.10.2017 – 9 S 3/17
Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Einstandspflicht für einen von der Fa. C GmbH & Co. KG (W) gemeldeten Schaden, welche mit beiden Parteien durch eine jeweils eigenständige Versicherung verbunden ist. Die Kl. ist Kfz-Haftlichtversicherer der W für das Tanklastfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen (…). Die Bekl. ist Betriebshaftpflichtversicherer der W. In den AHB sind unter Ziff. 10 die vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen Risiken aufgeführt. Ziff. 10.1 lautet:
"Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Schäden, die der VN, ein Mitversicherter oder eine von ihnen bestellte oder beauftragte Person durch den Gebrauch eines Kfz oder Kfz-Anhängers verursachen (s. aber Teil II, Z. 2)."
Besteht nach diesen Bestimmungen für einen VR (VN oder Mitversicherter) kein Versicherungsschutz, so gilt das auch für alle anderen Versicherten.
Eine Tätigkeit der in dieser Ziffer genannten Personen an einem Kfz oder Kfz-Anhänger ist kein Gebrauch i.S.d. Bestimmung, wenn keine dieser Personen Halter oder Besitzer des Fahrzeugs ist und wenn das Fahrzeug hierbei nicht in Betrieb gesetzt wird.“
Am 20.11.2014 belieferte der Fahrer der W, Herr F, eine Großtankstelle in D mittels des versicherten Tanklastfahrzeugs mit Dieselkraftstoff. Hierbei verwechselte der Fahrer des Tanklastfahrzeugs die Anschlussstelle für den Betankungsstutzen und füllte deshalb irrtümlich 2700 I Dieselkraftstoff in einen bereits 3998 I Benzin "E 10" enthaltenden und hierfür allein vorgesehenen Tank der Tankstelle. Der Befüllungsvorgang wurde ohne eine maschinenbetriebene Pumpe und allein durch die Schwerkraft durchgeführt.
Die vermischte Lieferung, insgesamt 6700 I, wurde von der W noch am Schadenstag aus dem Tank abgepumpt und zu der B transportiert. Dort wurde die vermischte Ware so weit wie möglich aufgearbeitet.
Der VR verlangt den von ihr der W geleisteten Schadensersatz zurück.
2 Aus den Gründen:
" … Das AG hat die Bekl. zu Recht zur Zahlung von 3.439,86 EUR nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Bekl. sämtliche weiteren aus dem Fehlbefüllungsvorgang vom 20.11.2014 entstehenden Schäden zu tragen hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung führen nicht zu einer anderen Beurteilung."
Die Einstandspflicht der Bekl. folgt aus Ziff. 3 der AHB i.V.m. § 1 VVG. Versichert sind hiernach “die gesetzliche Haftpflicht privatrechtlichen Inhalts des VN aus allen seinen sich aus der Betriebsbeschreibung ergebenden Risiken.' Hierbei besteht ausweislich der auf diesen Absatz folgenden Aufzählung Versicherungsschutz für “Schäden aus dem Betrieb des Unternehmens'.
Zwischen den Parteien ist es unstreitig, dass der Betrieb der W u.a. den Transport von Kraftstoffen und die entsprechende Befüllung der vorgesehen Lagervorrichtungen der Kunden umfasst. Bei der Betankung des für den gelieferten Kraftstoff nicht vorgesehenen Tanks handelt es sich um einen Schaden, der dem betrieblichen Bereich der W zuzuordnen ist, da er einen Kern ihrer Tätigkeit – die Anlieferung von Kraftstoffen – umfasst.
Der Versicherungsschutz ist nicht nach den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen. Die Ziff. 10.1 AHB ist auf das streitgegenständliche Schadensereignis nicht anwendbar. (…)
Die Klausel 10.1 AHB nimmt vom Versicherungsschutz die Haftpflicht für Schäden aus, die “durch den Gebrauch eines Kfz' entstehen. Es muss sich also eine Gefahr verwirklicht haben, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen und die diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. BGH VersR 2007, 388). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Gefahr von der Art des Fahrzeuggebrauchs oder aber von dem Gebrauch des Fahrzeugs selbst ausgeht. Entscheidend ist aus der Sicht des verständigen VN vielmehr, dass der Anwendungsbereich der Klausel nur dann eröffnet sein soll, wenn sich ein Gebrauchsrisiko gerade des Kfz verwirklicht und zu einem Schaden geführt hat.
Für den durchschnittlichen VN ist durchaus ersichtlich, dass es sich bei dem “Gebrauch' eines Kfz um ein Risiko handelt, welches typischerweise von der Kfz-Haftpflichtversicherung umfasst ist. Es ist für ihn also ersichtlich, dass mit dieser Klausel gerade der Versicherungsschutz ausgenommen werden soll, der von der Kfz-Versicherung für den typischen Kfz-Gebrauch gewährt wird. Entscheidend ist, ob der Schadensfall mit dem für ein Kfz typischen Gefahrenbereich in einem haftpflichtrechtlich relevanten Zusammenhang steht (Knappmann, in: Prölss/Martin VVG, AKB 2008, § A.1.1 Rn 7 m.w.N.). Vorliegend hat sich nicht das typische Risiko des Betreibens des Fahrzeugs im Zusammenhang mit dem T-Straße realisiert, sondern das Risiko der fehlerhaften Einfüllung des Kraftstoffs in einen hierfür nicht geeigneten Tank. Dieses Risiko ist kein typisches Ris...