[8] "… 1. Das BG hat zutreffend entschieden, dass § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X analog auch auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anwendbar ist. Sie stehen insoweit “Familienangehörigen‘ im Sinne dieser Vorschrift gleich. An der gegenteiligen Auffassung (Urt. v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 263 ff.) wird nicht mehr festgehalten.
[9] a) Die Anwendung des Familienprivilegs bei der Geltendmachung von Regressansprüchen aufgrund erbrachter Versicherungsleistungen oder der Leistungen sonstiger Drittleistungsträger beruht auf einem allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. Urt. v. 28.6.2011 – VI ZR 194/10, BGHZ 190, 131 Rn 10; Urt. v. 21.9.1976 – VI ZR 210/75, VersR 1977, 149, 150; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 32 Rn 73; vgl. auch Verkehrsgerichtstag 2007 in Goslar, Arbeitskreis 1, Empfehlung 1). Dieser fand seinen Ausdruck zunächst nur in § 67 Abs. 2 des Gesetzes vom 30.5.1908 über den Versicherungsvertrag (RGBl S. 263; VVG a.F.). Eine entsprechende Regelung fehlte im Sozialversicherungsrecht, solange der den Regress ermöglichende Forderungsübergang in § 1542 RVO geregelt war. Gleichwohl hat der erkennende Senat entschieden, dass dieser Forderungsübergang bei Schädigungen unter Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherten leben, durch den Schutzzweck der Versicherungsleistung in der Art des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist und dass dieser Ausschluss für alle Zweige der Sozialversicherung gilt (Urt. v. 11.2.1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 82 ff.; v. 14.7.1970 – VI ZR 179/68, BGHZ 54, 256, 257 f.; v. 5.12.1978 – VI ZR 233/77, VersR 1979, 256, 257; v. 15.1.1980 – VI ZR 270/78, VersR 1980, 644 Urt. v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78, VersR 1980, 526, 527). Sinn und Zweck des § 67 Abs. 2 VVG a.F. war zu verhindern, dass der VN durch einen Rückgriff gegen einen in seiner häuslichen Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass die in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Familienangehörigen meist eine gewisse wirtschaftliche Einheit bilden und dass bei der Durchführung des Rückgriffs der Versicherte im praktischen Ergebnis das, was er mit der einen Hand erhalten hat, mit der anderen wieder herausgeben müsste. Zugleich soll im Interesse der Erhaltung des häuslichen Familienfriedens verhindert werden, dass Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen gegen Familienangehörige ausgetragen werden (vgl. Urt. v. 11.2.1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 83; v. 12.11.1985 – VI ZR 223/84, VersR 1986, 333, 334; v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 f.; Urt. v. 28.6.2011 – VI ZR 194/10, a.a.O.; BGH, Urt. v. 30.4.1959 – II ZR 126/57, BGHZ 30, 40, 45 [unter Hinweis auf die amtl. Begründung zu § 67, RT-Drucks, 11. Legislaturperiode, II. Session Nr. 22, S. 127, abgedr. bei Gerhard/Hagen, VVG, 1908, S. 312]; Urt. v. 22.4.2009 – IV ZR 160/07, a.a.O. Rn 10; BVerfGE 127, 263, 281 ff.).
[10] b) § 116 Abs. 6 SGB X, der erst für Schadensfälle ab dem 30.6.1983 gilt, normiert diese Rspr. für den Bereich des Sozialgesetzbuchs. Die Gesetzesbegründung lässt erkennen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, in dieser Vorschrift die in der Rspr. des BGH entwickelten Rechtsgrundsätze zur Geltung zu bringen, nach denen der Forderungsübergang gem. § 1542 RVO a.F. bei fahrlässigen Schädigungen durch Familienangehörige, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, entsprechend der Regelung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist (Urt. v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 mit Hinweis auf BT-Drucks 9/95 S. 28; vgl. ferner Fenn, Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung 1983, 107, 112 f.).
[11] c) Die Interessenlage, die beim Anspruchsübergang nach § 67 Abs. 2 VVG a.F. (§ 86 Abs. 3 VVG n.F.) die Anwendung des Familienprivilegs rechtfertigt, besteht in vergleichbarer Weise bei dem Anspruchsübergang gem. § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X.
[12] aa) Die Vorschrift des § 116 Abs. 6 S. 1 SGB X ist insofern inhaltsgleich mit § 67 Abs. 2 VVG a.F. (vgl. Urt. v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, a.a.O. S. 259; Urt. v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78, VersR 1980, 526). Die Legalzession des § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X knüpft ebenso wie die des § 67 VVG a.F. (jetzt § 86 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 VVG) an die Verpflichtung des Sozialversicherungsträgers bzw. des VR an, aufgrund eines Schadensereignisses Leistungen erbringen zu müssen, die mit dem vom Schädiger zu leistenden Schadensersatz sachlich und zeitlich kongruent sind (vgl. Urt. v. 24.1.1989 – VI ZR 130/88, BGHZ 106, 284, 287 f.). Die Zession soll bewirken, dass der Sozialversicherungsträger, durch dessen Leistungen der Geschädigte schadensfrei gestellt wird, Rückgriff nehmen kann; der Schädiger soll durch die Versicherungsleistungen nicht unverdient entlastet werden, zugleich soll eine doppelte Entschädigung des Geschädigten vermieden werden (Urt. v. 24.1.1989 – VI ZR 130/88, BGHZ 106, 284, 288; Urt. v. 8.7.2003 – VI ZR 274/02, BGHZ 155, 342, 349...