BGB § 249; ZPO § 139 § 308

Leitsatz

1. Zwar kann sich daraus, dass ein angemietetes Ersatzfahrzeug nur für geringe Fahrleistungen benötigt wird, die Unwirtschaftlichkeit der Anmietung ergeben. Doch kann im Einzelfall die Erforderlichkeit der Anmietung deshalb zu bejahen sein, weil der Geschädigte auf die ständige Verfügbarkeit eines Kfz angewiesen ist.

2. Ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann demjenigen Geschädigten zustehen, der Ersatz der Kosten für einen Mietwagen nicht beanspruchen kann. Der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung kann im Rechtsstreit (konkludent) hilfsweise geltend gemacht werden, ist aber auf Zahlung an den Geschädigten, nicht auf Freistellung von den Kosten des Vermieters gerichtet. Das Gericht hat insoweit auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken.

BGH, Urt. v. 5.2.2013 – VI ZR 290/11

Sachverhalt

Die Bekl. hat der Kl. den dieser bei einem Verkehrsunfall entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Im Streit ist nur noch, ob und in welchem Umfang die Kl. den Ersatz angefallener Mietwagenkosten von 5.390,95 EUR beanspruchen kann. Die Reparaturzeit betrug 93 Tage; die Kl. hatte für die Zeit vom 9.4. bis zum 11.7.2008 ein Ersatzfahrzeug gemietet, mit dem sie 6 km pro Tag zurücklegte. Die Bekl. erstattete fiktive Taxikosten von 15 EUR täglich. Die Kl. nahm diese Kürzung nicht hin und machte die Verurteilung der Bekl. geltend, sie von der Rechnung des Autovermieters von weiteren 3.995,95 EUR freizustellen. Das BG hat auf die Berufung der Bekl. gegen ihre teilweise Verurteilung durch das AG die Klage vollständig abgewiesen und die Anschlussberufung der Kl. auf Freistellung bzw. Zahlung in Höhe der Klagesumme zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Kl. mit der vom BG zugelassenen Revision. Das BG hat durch ein Mitglied als Einzelrichter entschieden, nachdem die Sache durch Beschluss der Kammer von der vollständig besetzten Kammer auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden war. Die Revision der Kl. hatte Erfolg.

2 Aus den Gründen:

[9] "… Das angefochtene Urt. ist rechtsfehlerhaft, soweit das BG annimmt, die Bekl. habe der Kl. für die Ausfallzeit über den bereits gezahlten Betrag hinaus keine weitere Entschädigung zu leisten.

[10] 1. Ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, die Einzelrichterin habe nicht als gesetzlicher Richter entschieden, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung habe, so dass eine Rückübertragung auf die Kammer geboten gewesen sei.

[11] Anders als bei Beschlüssen im Beschwerdeverfahren, in denen der Einzelrichter die Rechtsbeschwerde wegen Grundsätzlichkeit zugelassen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2003 – IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200), ist der Einzelrichter im Berufungsverfahren der zur Entscheidung gesetzlich zuständige Richter, wenn das vollbesetzte BG ihm die Sache zur Entscheidung übertragen hat und kein Rückübertragungsgrund nach § 526 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vorliegt, der voraussetzt, dass sich die grundsätzliche Bedeutung aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt. Der Einzelrichter ist durch den Übertragungsbeschluss des Kollegiums zur Entscheidung über die Berufung befugt, auch wenn das Kollegium die grundsätzliche Bedeutung der Sache von ihm abweichend beurteilt hat (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2003 – VIII ZR 286/02, NJW 2003, 2900, 2901; v. 16.6.2004 – VIII ZR 303/03, NJW 2004, 2301; v. 10.11.2005 – III ZR 104/05, NJW 2006, 150 Rn 9). Er kann auch ohne Verfahrensverstoß die Revision zulassen (vgl. etwa MüKo-ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 543 Rn 28; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 543 Rn 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 33. Aufl., § 526 Rn 2; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 526 Rn 12 und § 543 Rn 18a). Im Übrigen ergibt sich aus § 526 Abs. 3 ZPO, dass ein Rechtsmittel – außer im Fall der Willkür – nicht auf eine erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter gestützt werden kann (Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 4/06, BGHZ 170, 180 Rn 5). Für den Rückübertragungsgrund einer wesentlichen Änderung der Prozesslage oder für Willkür ist im Streitfall nichts ersichtlich.

[12] 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das BG die Erstattungsfähigkeit der Mietwagenkosten verneint. Das kann im Hinblick auf die dazu gegebene Begründung nicht gebilligt werden.

[13] a) Der durch die Instandsetzung eines beschädigten Fahrzeugs bedingte Nutzungsausfall ist regelmäßig ein nach § 249 Abs. 2 BGB zu ersetzender Schaden. Der Schädiger hat ihn jedoch nicht unbegrenzt zu ersetzen. Mietwagenkosten sind grds. nur insoweit zu ersetzen, als dies tatsächlich zur Herstellung des Zustands erforderlich ist, der ohne die Schädigung bestehen würde. Zur Herstellung erforderlich sind nur die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist dabei gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbeseitigung zu wählen (Urt. v. 12.10.2004 – VI ZR 151/03, BGHZ 160, 377, 383; v. 2.2.2010 – VI ZR 139/08, VersR 2010, 545 Rn 10; v. 27.3.2012 – VI ZR 40...

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