"… I. Das LG hat zu Recht in der zugesprochenen, vom Kl. nicht angegriffenen Höhe einen Anspruch des Kl. auf Leistungen aus einem Versicherungsvertrag über eine Fahrzeugvollversicherung aus einem behaupteten Schadensereignis v. 2.6.2004 auf der B-Straße in R bejaht. Auf Grund der vom Senat wiederholten und ergänzten Beweisaufnahme steht – in Übereinstimmung mit dem Ergebnis des LG – fest, dass zu dem vom Kl. behaupteten Zeitpunkt und Ort ein Verkehrsunfall stattgefunden hat, es der Bekl. aber nicht gelungen ist, Indizien nachzuweisen, die in ihrer Gesamtschau berechtigte Zweifel erlauben würden, der Unfall sei zwischen dem Kl. und dem Unfallverursacher, dem Zeugen G, abgesprochen worden.

1. Im Falle des Verdachts des Versicherungsbetrugs durch Unfallmanipulation ist es Sache des Geschädigten, den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung – also insb. der Kollision der Fahrzeuge – und die Verursachung der etwa festzustellenden Sach- und Körperschäden durch die Kollision der Fahrzeuge zu beweisen; ferner hat der Geschädigte das Ausmaß des unfallbedingten Schadens darzulegen und zu beweisen (KG NZV 2006, 429, 430; Senat, Urt. v. 7.3.2008 – 10 U 5394/07). Der Kl. genügt seiner Beweispflicht, wenn er nachweisen kann, dass sein Fahrzeug beim Betrieb des gegnerischen Kfz beschädigt worden ist (§ 7 Abs. 1 StVG). Der Kl. muss nicht beweisen, dass das Unfallgeschehen unfreiwillig bzw. zufällig war (Senat, Urt. v. 7.3.2008 – 10 U 5394/07). Unfreiwilligkeit bzw. Zufälligkeit sind keine Anspruchsvoraussetzungen der §§ 7, 18 StVG, 823 BGB (OLG Hamm NZV 1993, 68, 69; Senat, Urt. v. 7.3.2008 – 10 U 5394/07; Eggert, VA 2007, 159, 162). Nichts anderes ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag.

Sowohl hinsichtlich der Schäden, soweit sie in erster Instanz zugesprochen wurden, als auch hinsichtlich des vom Zeugen geschilderten Fahrvorgangs, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der vom Kl. behauptete Verkehrsunfall nicht oder zumindest so nicht stattgefunden hätte. Unabhängig von der Aussage des Zeugen G folgt das vor allem aus dem nachvollziehbaren und überzeugenden mündlichen Gutachten des Sachverständigen H, der aufgrund der neuen Informationen aus der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sein schriftliches Gutachtensergebnis revidiert hat und nun neben der bereits vorher festgestellten Schadenskompatibilität davon ausgeht, dass der Unfallhergang wie vom Zeugen G. geschildert aus unfallanalytischer Sicht nachvollziehbar ist, wenn er auch womöglich ein Fehlverhalten des Zeugen (verspätete Reaktion) beinhalten könnte. Letzteres ist jedoch für den hier zu entscheidenden Rechtsstreit (Deckung aus einem Vollkaskovertrag) unerheblich.

2. Hingegen obliegt der beklagten Versicherung grds. der Beweis dafür, dass der Geschädigte mit der Verletzung seines Rechtsguts einverstanden gewesen ist oder diese sogar gewünscht hat (grdl. BGHZ 71, 339, 345 = VersR 1978, 242 = NJW 1978, 2154; KG NZV 2006, 262, 263 und 429, 430; Senat, Urt. v. 7.3.2008 – 10 U 5394/07). Der Versicherung kann bei Vorliegen einer Vielzahl von voneinander unabhängiger (Senat, Urt. v. 7.3.2008 – 10 U 5394/07; Berz/Burmann/Born/K. Schneider, Hdb. des StraßenverkehrsR, 25. Aufl. 2010, Kap. 5 D Rn 39) Indizien für einen gestellten Unfall – obwohl es für den Bereich der vorsätzlichen Unfallherbeiführung nach Meinung auch des BGH “keine einigermaßen gesicherte empirische Daten‘ gibt (BGH NJW 1989, 3161, 3162) – eine Beweiserleichterung (Indizienbeweis) zu Hilfe kommen. Die einzelnen Hilfstatsachen müssen aber feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein (BGH NJW 1989, 3161, 3162 … ) ihr Gewicht zu erlangen. Der Tatrichter muss sich gerade in solchen Fällen bewusst sein, dass eine Überzeugungsbildung nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraussetzt (grdl. BGHZ 71, 339, 345 … ), sondern auf eine in lebensnaher Gesamtschau praktisch-vernünftige Gewichtung der Verdachtsmomente abzustellen ist …; unerheblich ist dabei, ob diese Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Das Gericht darf und muss sich zur Überzeugungsbildung mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen ( … ). Diese Grundsätze gelten freilich in Richtung auf beide möglichen Beweisergebnisse ( … ). Der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für unredliches Verhalten genügt (KG NZV 2006, 429, 430). Dieser Nachweis ist der Bekl. im vorliegenden Fall jedoch nicht gelungen.

Zur Begründung kann hier weitgehend auf die überzeugenden Ausführungen des Erstgerichts Bezug genommen werden. Im vorliegenden Fall gibt es letztlich nur ein tragfähiges Indiz, das für einen abgesprochenen Unfall sprechen würde, nämlich die inzwischen unstreitige Tatsache, dass der Kl. und der Zeuge in einem Vorprozess vor dem LG U ihre Bekanntschaft abgestritten haben. Diese Tatsache wiegt zwar schwer, dennoch ist es hinsichtlich weiterer Widersprüche im Verhalten des Kl. und des ...

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