Ansprüche eines angeblich Geschädigten gegen den eine Unfallmanipulation argwöhnenden Haftpflichtversicherer des angeblichen Schädigers beschäftigen die Rspr. häufiger, Ansprüche eines VN gegen seinen Gleiches einwendenden Vollkasko-VR selten. Im Kern geht es um den nur durch Indizien zu führenden Beweis, dass die Schädigung freiwillig erlitten wurde, der Unfall also gestellt war. Dem widmet sich mit sorgfältiger Beweiswürdigung und reichhaltigen Rechtsprechungsnachweisen (auf Fälle aus dem Verkehrshaftungsrecht) die abgedruckte Entscheidung. Ihr juristischer Weg ist allerdings ungewöhnlich und allenfalls im Ergebnis vertretbar.
Anders als im Delikts- und Gefährdungshaftungsrecht kommt es versicherungsvertraglich zunächst allein darauf an, ob der VN einen Unfall (A 2.1.1 S. 1, A 2.3.2 AUB 2008) erlitten hat. Das ist völlig unabhängig von dem Vorliegen eines Haftungstatbestandes: Es genügt ein unmittelbar von außen mit mechanischer Gewalt auf das versicherte Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Die Unfreiwilligkeit zählt nicht zum Tatbestand des vertraglichen Anspruchs. Den Unfall muss der VN (voll) beweisen. Beweiserleichterungen wie im Versicherungsfall Entwendung sind weder geboten noch zulässig.
Wendet der VR ein, der Unfall sei fingiert, so geht es versicherungsvertraglich um die Leistungsfreiheit des VR wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 81 Abs. 1 VVG (grdl. BGH VersR 1981, 450). Die Beweislast für den Vorsatz (des VN!) und die Verursachung des Unfalls durch dessen (!) Verhalten trägt der VR. Auch insoweit sind Beweiserleichterungen – die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung (a.A. für Ansprüche aus §§ 7, 18 StVG, § 823 Abs. 1 BGB KG NZV 2006, 429) – nicht statthaft.
Nicht unähnlich den Erwägungen zu fingierten Unfällen im Verkehrshaftungsrecht sieht die Rspr. allerdings als Indizien (die als solche bewiesen und nicht nur erheblich wahrscheinlich sein müssen) an: Widersprüche oder Unwahrheiten in der Darstellung des Versicherungsfalls durch den VN, Inkompatibilität der Unfallschäden mit dem behaupteten Unfallgeschehen, Fehlen neutraler Zeugen, Vorliegen wirtschaftlicher Motive im Hinblick auf Alter und Verkaufsfähigkeit des versicherten Kfz, wirtschaftliche Bedrängnis des VN, Schadenshäufung beim VN, Näheverhältnis zwischen VN und angeblichem Unfallbeteiligten (OLG Köln VersR 2010, 136; OLG Hamm zfs 2005, 19; OLG Düsseldorf SP 2000, 139). Sie müssen nicht alle vorliegen; die, die feststehen, müssen jedoch die Überzeugung der Manipulation durch den VN begründen.
Wenn das OLG München im Streitfall das einzig feststehende Indiz, die Leugnung einer tatsächlichen Bekanntschaft von VN und Unfallbeteiligtem, zur Überzeugung von der "Freiwilligkeit", also dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 VVG nicht genügen lässt, so überzeugt das dann im Endergebnis.
Prof. Dr. Rixecker, Präsident des Saarländischen OLG