Die Entscheidung des LG Fulda ist streng formal, steht aber konträr zur einhelligen Meinung in der Kommentarliteratur (Seitz in: Göhler, OWiG, 16. Aufl., 2012, § 67, Rn 22a; Bohnert in: KK-OWiG, 3. Aufl., 2006, § 67, Rn 67b), zudem konträr zur technischen Entwicklung (aufgrund mangelhafter technischer Ausstattung der Gerichte wurde die E-Mail-Übermittlung im Jahr 2006 als noch nicht mit dem Computerfax gleichzusetzende Technik angesehen, Hartmann, NJW 2006, 1390; das kann im Jahr 2012 bestimmt kein Argument mehr sein) und auch die Besonderheit des Bußgeldverfahrens wird meiner Ansicht nach nicht ausreichend berücksichtigt.
Denn im Bußgeldverfahren ist zur Wahrung der Formvorgaben des § 67 OWiG nicht einmal eine Unterschrift nötig (GmS-OGB, Beschl. v. 30.4.1979 – GmS-OGB 1/78, NJW 1980, 172; auch zu schließen aus BGH, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 StR 164/79, NJW 1980, 1290), so dass der vom LG Fulda benutzte Begriff der "Schriftlichkeit" überzogen sein dürfte (vgl. auch Gieg in: Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl. 2012, Rn 703). Voraussetzung ist zuvorderst, dass der Absender, die Erklärung und der Erklärungswille hinreichend sicher feststellbar sind (GmS-OGB, Beschl. v. 5.4.2000 – GmS-OGB 1/98, NJW 2000, 2340; Bohnert, ibidem) und das ist bei einer E-Mail durchaus zu bejahen, selbst ohne qualifizierte Signatur.
Andere gegenläufige Rspr. (z.B. LG Zweibrücken, Beschl. v. 7.7.2010 – Qs 47/10, VRS 119, 223) bezieht sich auf das Strafverfahren und die vom LG Fulda zitierte Rspr. des BGH zur fernmündlichen Einlegung zur Niederschrift (BGH, Beschl. v. 20.12.1979 – 1 StR 164/79, NJW 1980, 1290) spricht auch nicht gegen die Zulassung des Einspruchs durch E-Mail.
Meiner Ansicht (siehe auch Gieg, ibidem) nach, schafft die Angabe der E-Mail-Adresse des Regierungspräsidiums und die Nichtnennung der E-Mail in der Rechtsbehelfsbelehrung durchaus einen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden kann. Wenigstens wäre i.S.d. Art. 3, 103 GG eine fundierte Rechtsfortbildung im Hinblick auf den technischen Fortschritt wünschenswert gewesen, denn in der Praxis der Verwaltungsbehörden ist es nämlich durchaus üblich, wenngleich abhängig vom Sachbearbeiter (deshalb Art. 3 GG), den Eingang per E-Mail als Einspruch zu werten, und selbst wenn dies nicht geschähe, müsste der rechtzeitig die Mitteilung sendende Betr. wenigstens auf den Formmangel hingewiesen werden.
RiAG Dr. Benjamin Krenberger, Landstuhl