FeV § 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2 § 7 Abs. 2
Leitsatz
Ein "Praktikum" im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses steht dem Besuch einer Hochschule oder Schule i.S.d. § 7 Abs. 2 FeV nicht gleich.
NdsOVG, Beschl. v. 19.3.2013 – 12 ME 307/12
Sachverhalt
Mit Bescheid v. 25.9.2012 stellte der AG fest, dass die tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B des ASt. – ausgestellt am 23.6.2006 – diesen nicht zum Führen von Kfz auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtige, und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Zur Begründung heißt es: Das AG … habe dem ASt. mit Urt. v. 14.11.2003 die Fahrerlaubnis entzogen, weil er ein Fahrzeug mit einer festgestellten Blutalkoholkonzentration von 2,08 Promille im öffentlichen Straßenverkehr geführt habe. Dadurch habe er sich als ungeeignet zum Führen von Kfz erwiesen. Die ihm unter Missachtung des Wohnsitzprinzips erteilte tschechische Fahrerlaubnis sei in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt, denn aus dem Führerschein ergebe sich, dass der ASt. zum Zeitpunkt der Erteilung seinen Wohnsitz weiterhin in E. gehabt habe.
Das VG hat den Antrag des ASt., ihm vorläufigen Rechtsschutz zu gewähren abgelehnt.
2 Aus den Gründen:
"… II. Die Beschwerde des ASt. hat keinen Erfolg. …
Der ASt. meint (wohl), dass ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis in seinem Fall nicht angenommen werden könne, weil er sich als Praktikant in Tschechien befunden habe und damit wie ein Schüler oder Studierender zu behandeln sei. Dieser Einwand ist unbegründet. Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz i.S.d. § 7 Abs. 1 oder 2 FeV in der Bundesrepublik Deutschland haben, vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Abs. 2 bis 4 im Umfang ihrer Berechtigung Kfz im Inland führen. Diese Berechtigung gilt nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler i.S.d. § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben (§ 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV). In § 7 Abs. 2 FeV ist bestimmt, dass Bewerber, die bislang ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten und die sich ausschließlich zum Zwecke des Besuchs einer Hochschule oder Schule in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhalten, ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland behalten. Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 9 Abs. 2 S. 3 der hier anwendbaren 2. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439/EWG), wonach der Besuch einer Universität oder Schule keine Verlegung des ordentlichen Wohnsitzes zur Folge hat. Der ASt. gehört jedoch nicht zu diesem Personenkreis. Nach seinem erstinstanzlichen Vorbringen und dem vorgelegten Arbeitszeugnis war der ASt. in der Zeit vom 15.11.2005 bis zum 15.7.2006 für eine deutsche Firma im Rahmen eines Praktikums zum Vertriebsaufbau für Kleinkläranlagen in Tschechien beschäftigt. Er war dabei insb. mit der Koordination von Terminen und der Vorbereitung von Messeveranstaltungen betraut und hat Zuarbeit bei der Erstellung von Angeboten geleistet. Es kann deshalb auch nach dem Vorbringen des ASt. keine Rede davon sein, dass er sich als Schüler oder Student in Tschechien aufgehalten hat. Eine Gleichstellung von “Praktikanten‘ in dem vom ASt. beschriebenen Sinn kommt nicht in Betracht. Die gesetzliche Sonderregelung ist eindeutig und abschließend und insb. im Hinblick auf ihren Ausnahmecharakter einer Analogie oder erweiternden Auslegung nicht zugänglich.
Der ASt. macht ferner geltend, das VG sei nicht darauf eingegangen, dass bis zum 1.6.2006 ein Wohnsitzerfordernis in Tschechien nicht bestanden habe. Darauf kommt es jedoch nicht an. Auch mit dieser Konstellation hat sich der EuGH bereits befasst und in einem vergleichbaren Fall, in dem ein am 31.5.2006 in der Tschechischen Republik ausgestellter Führerschein mit der Angabe eines in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Wohnsitzes in Rede stand, entschieden, dass die Vorgaben der Richtlinie 91/439/EWG es dem Aufnahmemitgliedstaat nicht verwehren, es abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet den von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein anzuerkennen, wenn aufgrund von Angaben in diesem Führerschein – wie hier – feststeht, dass die den ordentlichen Wohnsitz betreffende Voraussetzung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie nicht beachtet wurde (Urt. v. 19.5.2011 – C-184/10 – “Grasser‘, NJW 2011, 3635 [= zfs 2011, 413], Rn 33; vgl. auch Senat, Beschl. v. 11.7.2012 – 12 ME 135/12) ….“