[9] "… Das LG hat der Kl. zu Recht gem. § 116 Abs. 1 SGB X, § 7 Abs. 1, § 18 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 9 Abs. 5 StVO den geltend gemachten Anspruch im Umfang der Tenorierung zugesprochen. Entgegen der Auffassung des BG liegt keine vorübergehende betriebliche Tätigkeit auf einer gemeinsamen Betriebsstätte i.S.d. § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII vor, welche eine Haftungsprivilegierung nach §§ 104, 105 SGB VII oder nach den Grundsätzen des gestörten Gesamtschuldverhältnisses rechtfertigen könnte."
[10] 1. Nach der gefestigten Rspr. des erkennenden Senats erfasst der Begriff der “gemeinsamen Betriebsstätte' betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf, das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. Die Tätigkeit der Mitwirkenden muss im faktischen Miteinander der Beteiligten aufeinander bezogen, miteinander verknüpft oder auf gegenseitige Ergänzung oder Unterstützung ausgerichtet sein (vgl. Senatsurt. v. 17.10.2000 – VI ZR 67/00, BGHZ 145, 331, 336; v. 24.6.2003 – VI ZR 434/01, BGHZ 155, 205, 207 f.; v. 16.12.2003 – VI ZR 103/03, BGHZ 157, 213, 216 f.; v. 17.6.2008 – VI ZR 257/06, BGHZ 177, 97 Rn 19; v. 1.2.2011 – VI ZR 227/09, VersR 2011, 500 Rn 7; v. 10.5.2011 – VI ZR 152/10, VersR 2011, 882 Rn 12). § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII ist nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben Betriebsstätte aufeinander treffen. Eine “gemeinsame' Betriebsstätte ist nach allgemeinem Verständnis mehr als “dieselbe' Betriebsstätte; das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfüllt den Tatbestand der Norm nicht. Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung. Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als “gemeinsame' Betriebsstätte rechtfertigt (vgl. Senatsurt. v. 23.1.2001 – VI ZR 70/00, VersR 2001, 372, 373; v. 14.9.2004 – VI ZR 32/04, VersR 2004, 1604 f.; v. 8.6.2010 – VI ZR 147/09, VersR 2010, 1190 Rn 14; v. 1.2.2011 – VI ZR 227/09, a.a.O.; v. 10.5.2011 – VI ZR 152/10, a.a.O.; v. 11.10.2011 – VI ZR 248/10, VersR 2011, 1567 Rn 9).
[11] 2. Zwar legt das BG der Prüfung die zutreffende Definition der gemeinsamen Betriebsstätte i.S.d. § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII zugrunde. Es gibt auch zutreffend die Merkmale wieder, die nach st. Rspr. des erkennenden Senats für die “gemeinsame' Betriebsstätte prägend sind. Das BG lässt aber außer Betracht, dass im Streitfall die Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation fehlt, die die “gemeinsame Betriebsstätte' entscheidend kennzeichnet. Die Beurteilung, ob in einer Unfallsituation eine “gemeinsame' Betriebsstätte vorlag, muss sich auf konkrete Arbeitsvorgänge beziehen und knüpft daran an, dass eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation gegeben ist (Senatsurt. v. 10.5.2011 – VI ZR 152/10, a.a.O., Rn 12, 15 f.; v. 11.10.2011 – VI ZR 248/10, a.a.O. m.w.N.).
[12] Eine solche Verbindung zwischen den Tätigkeiten des Geschädigten, der Teer- und Asphaltierarbeiten durchführte, und der Tätigkeit des Bekl. zu 2, welcher das dafür erforderliche Füllmaterial anlieferte, läge zwar vor, wenn sich der Unfall entsprechend dem nach den Ausführungen der Bekl. üblichen Arbeitsablauf bei den Abladevorgängen am “Fertiger' an der Baustelle selbst zugetragen hätte. Unstreitig befand sich der Geschädigte zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Unfalls aber nicht an der Stelle, wo an dem “Fertiger' gearbeitet wurde, bzw. bei dem Bagger, wo der Abladevorgang stattfinden sollte. Er hatte sich vielmehr von dieser Stelle wegbegeben und war im Zeitpunkt des Unfalls wieder auf dem Rückweg zur Baustelle, als er zwischen den geparkten Fahrzeugen eingequetscht wurde.
[13] Das BG hat für die “gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solchen in der konkreten Unfallsituation' alleine darauf abgestellt, dass der Geschädigte beiseite getreten ist, um den rückwärts fahrenden Lkw, an dessen Steuer der Bekl. zu 2 saß, vorbeifahren zu lassen. Dies stelle ein stillschweigend aufeinander abgestimmtes Verhalten dar und reiche für die Bejahung einer gemeinsamen Betriebsstätte in der konkreten Unfallsituation aus. Dies trifft indes nicht zu. Zwar kann die notwendige Arbeitsverknüpfung im Einzelfall auch dann bestehen, wenn die von den Beschäftigten verschiedener Unternehmen vorzunehmenden Maßnahmen sich nicht sachlich ergänzen und unterstützen, die gleichzeitige Ausführung der betreffenden Arbeiten wegen der räumlichen Nähe ...