"… Die Kl. hat gegen den Zweitbeklagten keinen Anspruch auf Erstattung der anlässlich des Unfalls v. 20.2.2010 an den Geschädigten gezahlten Versicherungsleistung. Ein solcher Anspruch ergibt sich insb. nicht aus § 116 Abs. 1 S. 2 VVG, § 426 Abs. 2 BGB, § 7 Abs. 1, 18 StVG. Voraussetzung für derartige Ansprüche ist, dass die Kl. dem Zweitbeklagten gegenüber nicht zur Leistung verpflichtet ist, § 116 Abs. 1 S. 2 VVG. Vorliegend beruft sich die Kl. darauf, sie sei infolge einer Obliegenheitsverletzung des Bekl. zu 2) (Unfallflucht) von ihrer Leistungspflicht befreit."
Dass der Bekl. zu 2) sich seinerzeit unerlaubt vom Unfallort entfernt hat und damit eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung begangen hat, steht zwischen den Parteien nicht im Streit und wird auch mit der Berufung nicht angegriffen. Diese Obliegenheitsverletzung schließt eine Leistungspflicht der Kl. im Entscheidungsfall jedoch nicht aus, da dem Bekl. zu 2) der Kausalitätsgegenbeweis, § 28 Abs. 3 S. 1 VVG, offen steht. Ein solcher ist nicht durch § 28 Abs. 3 S. 2 VVG ausgeschlossen, da ein arglistiges Verhalten des Zweitbeklagten nicht festzustellen ist, was zu Lasten der Kl. geht, die als VR die Beweislast für das Vorliegen der Arglist trägt (Prölss/Martin-Prölss, VVG, 28. Aufl., zu § 28 Rn 120).
Ein arglistiges Verhalten setzt voraus, dass der Versicherte der Obliegenheit bewusst und gewollt zuwider handelt und zugleich wenigstens in Kauf nimmt, das Verhalten des VR dadurch zu dessen Nachteil zu beeinflussen. Der Versicherte muss daher einen aus seiner Sicht gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgen (Römer/Langheid-Rixecker, VVG, 3. Aufl., zu § 28 Rn 100). Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass sich der Bekl. vorsätzlich unerlaubt vom Unfallort entfernt hat, lässt nicht den Schluss auf ein arglistiges Verhalten zu Lasten der Kl. zu. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, damit stets einen gegen die Interessen des VR gerichteten Zweck verfolgt, gibt es nicht. …
Konkrete Anhaltspunkte, die für die Verfolgung eines gegen die Interessen der Kl. gerichteten Zwecks sprechen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Bekl. zu 2) war unstreitig Fahrer des unfallbeteiligten Fahrzeugs. Der Einwand der Kl., der unfallverursachende Fahrer könne nicht mehr mit Sicherheit festgestellt werden, ist nicht ausreichend, da sie den Zweitbeklagten ausdrücklich in seiner Eigenschaft als Fahrer in Anspruch nimmt und ihm auch nur in dieser Eigenschaft eine Obliegenheitsverletzung zur Last gelegt werden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Zweitbeklagte durch seine Flucht Umstände verschleiern wollte, die der Kl. die Möglichkeit eines Regresses geben könnten, wie zum Beispiel eine alkohol- oder drogenbedingte Fahruntüchtigkeit. Dagegen spricht, dass der Zweitbeklagte sich unstreitig in zeitlich kurzem Abstand bei der Polizeidienststelle gemeldet hat, nachdem die Polizei bei seinen Eltern vorgesprochen hatte. Ausweislich der Verkehrsunfallanzeige v. 20.2.2010 machte der Zweitbeklagten einen verkehrstüchtigen Eindruck, so dass die Polizei offensichtlich keine Notwendigkeit sah, insoweit weitere Ermittlungen anzustellen.
Der Unfall ist von dem Zeugen N beobachtet worden. Der von diesem geschilderte Unfallhergang führt ohne Weiteres zu einer vollen Einstandspflicht der Kl., da eine Mitverursachung der Geschädigten nicht in Betracht kommt. Unter diesen Umständen musste sich das Entfernen vom Unfallort aus Sicht des Zweitbeklagten nicht als nachteilig für die Kl. darstellen. Hätten die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen werden können, so hätte dies aus Sicht des Zweitbeklagten lediglich bedeutet, dass die Geschädigte einen etwaigen Ersatzanspruch nicht hätte durchsetzen können.
Damit steht dem Bekl. grds. die Möglichkeit offen, den Kausalitätsgegenbeweis (§ 28 Abs. 3 S. 1 VVG) zu führen. Der Versicherte kann diesen negativen Beweis aber praktisch nur so führen, dass er zunächst die sich aus dem Sachverhalt ergebenden Möglichkeiten ausräumt und dann abwartet, welche Behauptungen der VR über Art und Maß der Kausalität aufstellt, die der VN dann ebenfalls zu widerlegen hat. Der VR muss dazu die konkrete Möglichkeit eines für ihn günstigeren Ergebnisses aufzeigen, indem er zum Beispiel vorträgt, welche Maßnahmen er bei rechtzeitiger Erfüllung der Obliegenheit getroffen und welchen Erfolg er sich davon versprochen hätte (BGH VersR 2001, 756).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist dem Bekl. zu 2) der Kausalitätsgegenbeweis gelungen. Aus dem Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das vorsätzliche unerlaubte Entfernen vom Unfallort Einfluss auf den Umfang der Leistungspflicht der Kl. genommen hat. Die Kl. hat auch nicht aufgezeigt, welchen anderen Verlauf die Regulierung voraussichtlich genommen hätte, wenn der Zweitbeklagten die notwendigen Feststellungen am Unfallort ermöglicht hätte. Mangels Leistungsfreiheit kann die Kl. mithin keinen Regress gegen...