[9] "… Zu Unrecht hat das BG den vom Kl. gem. § 323 Abs. 1 BGB erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag für unwirksam gehalten, weil es rechtsfehlerhaft die in den festgestellten Mängeln zum Ausdruck kommende Pflichtverletzung für unerheblich und den Rücktritt deshalb gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB für ausgeschlossen erachtet hat."
[10] 1. Das BG hat unangegriffen festgestellt, dass an dem als Neuwagen verkauften Fahrzeug auch bei dem zweiten Übergabeversuch noch Oberflächenverkratzungen und Lackschäden vorhanden waren, die von dem zu erwartenden gewöhnlichen Zustand eines Neufahrzeugs abweichen. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Damit fehlte dem Fahrzeug die mit dem Vertragsschluss konkludent vereinbarte, dem Begriff “Neuwagen' innewohnende Beschaffenheit “fabrikneu'. Denn Fabrikneuheit verlangt, dass sich das Fahrzeug bei Übergabe an den Käufer in dem unbenutzten und unbeschädigten Zustand befindet, wie es vom Hersteller ausgeliefert worden ist (Senatsurt. v. 18.6.1980 – VIII ZR 185/79, a.a.O. unter II 2 c). Dieser Zustand war nach den festgestellten Oberflächenverkratzungen und Lackschäden nicht mehr gegeben. Zudem waren die am hinteren linken Radlauf ausgeführten Reparaturarbeiten nach den unangegriffenen Feststellungen des BG lediglich von “handwerklicher' und damit nicht von solcher Qualität, wie sie für einen werksseitigen Herstellungszustand bei Auslieferung des Fahrzeugs in unbeschädigtem Zustand zu erwarten war.
[11] 2. Zu Unrecht meint das BG allerdings – wie die Revision mit Recht rügt –, der Kl. könne aufgrund des von ihm erhobenen Nachbesserungsverlangens die fehlende Fabrikneuheit des Fahrzeugs nicht mehr als Mangel geltend machen oder sich darauf berufen, dass die von ihm verlangte Reparatur die Fabrikneuheit beseitigt habe. An diese Auslegung des Nachbesserungsverlangens des Kl. ist der Senat nicht gebunden. Zwar handelt es sich hierbei um eine Individualerklärung, deren tatrichterliche Auslegung nach der Rspr. des BGH in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt darauf überprüft werden kann, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist (vgl. nur Senatsurt. v. 7.2.2007 – VIII ZR 225/05, WM 2007, 1227 Rn 13 m.w.N.; vom 26.10.2011 – VIII ZR 108/10, juris Rn 12). Solche Rechtsfehler liegen hier jedoch vor, weil die Auslegung des BG, ohne dass besondere Umstände festgestellt oder sonst erkennbar sind, dem üblichen Bedeutungsgehalt eines Nachbesserungsverlangens nicht gerecht wird.
[12] a) Die in § 439 Abs. 1 BGB als eine der Modalitäten der Nacherfüllung geregelte Nachbesserung zielt darauf ab, die gekaufte Sache in einen vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, wie er nach § 433 Abs. 1 S. 2, § 434 Abs. 1 BGB geschuldet ist. Der Verkäufer schuldet deshalb nicht nur bloße Verbesserungen eines bestehenden Mangelzustands, sondern eine vollständige und nachhaltige Beseitigung des Mangels (Senatsurt. v. 22.6.2005 – VIII ZR 281/04, BGHZ 163, 234, 242 f.; Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 439 Rn 2; jurisPK-BGB/Pammler, 6. Aufl., § 439 Rn 13 f.). Zwar steht es einem Käufer frei, Nachbesserung auch dann zu verlangen, wenn eine Behebung des Mangels nicht vollständig möglich ist und er – wenn auch ggf. unter Ausgleich eines dadurch verbleibenden Minderwerts – bereit ist, sich mit einem Zustand der Sache im Umfang einer möglichen Nachbesserung zu begnügen (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2004, § 439 Rn 38). Dass er bei Stellung eines Nachbesserungsverlangens aber bereit ist, einen Nachbesserungserfolg unterhalb des Möglichen als noch vertragsgerecht hinzunehmen und dadurch auf einen Teil der zu beanspruchenden Leistung zu verzichten, kann – da ein Verzicht auf Rechte im Allgemeinen nicht zu vermuten ist, sondern eindeutiger Anhaltspunkte bedarf (Senatsurt. v. 9.5.2012 – VIII ZR 327/11, NJW 2012, 2270 Rn 26 m.w.N.) – nicht ohne Weiteres angenommen werden. Dies hat das BG nicht bedacht.
[13] b) Dem vom BG in Bezug genommenen Nachbesserungsverlangen des Kl. vom 14.1.2010 ist zwar zu entnehmen, dass er für die Frage einer Nachbesserungsfähigkeit der von ihm beanstandeten Beschädigungen nicht darauf abstellen wollte, ob sie vor oder nach Auslieferung durch den Hersteller eingetreten waren (dazu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn 557 f. m.w.N.). Er konnte aber – wie die Revision mit Recht geltend macht – grds. erwarten, dass ihm ein einem Neuwagen entsprechendes mangelfreies Fahrzeug übergeben würde, der herbeizuführende Nachbesserungserfolg also jedenfalls in technischer Hinsicht den Fahrzeugzustand wiederherstellen würde, wie er werksseitig bei Auslieferung des Fahrzeugs in unbeschädigtem Zustand vorgelegen hätte. Das gilt umso mehr, als der Kl. bei seinem Nachbesserungsverlangen auf die ihm zustehende Fabrikneuheit des Fahrzeugs hingewiesen und das Erfordernis einer Makellosigkeit der Lackierung noch einmal eigens hervorgehoben hatte.
[14] c) Den danach entgegen der Au...