1. Umtausch
Die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland gilt nicht für den Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, der ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung seinen örtlichen Wohnsitz im Inland hatte, es sei denn, dass er als Studierender oder Schüler im Sinne des § 7 Abs. 2 FeV die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben hat.
Mittlerweile ist geklärt, dass die Vorschrift mit Unionsrecht vereinbar ist. Einschlägig sind insoweit die Richtlinien 91/439/EWG und 2006/126/EG. Nach der vorherrschenden Meinung wird davon ausgegangen, dass die Richtlinie 2006/126/EG für nach dem 19.1.2009 ausgestellte Führerscheine gilt. In beiden Richtlinien kommt es für die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Anerkennung der erteilten Fahrerlaubnisse bzw. ausgestellten Führerscheine zwar nicht darauf an, ob die sog. Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist oder nicht. Jedoch hat der EuGH für eine Ausnahme von der gegenseitigen Anerkennungsverpflichtung entscheidend auf einen berücksichtigungsfähigen Wohnsitzverstoß abgestellt. Der EuGH geht sogar so weit, dass er die Ausnahmen von der gegenseitigen Anerkennungsverpflichtung, die in den Führerscheinrichtlinien geregelt sind und insoweit im wesentlichen nur vorsehen, dass der Aufnahmemitgliedstaat den Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis vor Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis im Inland einer Führerscheinmaßnahme unterzogen hat, nur dann anerkennt, wenn zugleich ein Verstoß gegen die Wohnsitzvoraussetzung vorliegt. Diese Rechtsprechung hat der EuGH auch auf Sachverhalte erstreckt, auf die die Richtlinie 2006/126/EG Anwendung findet.
Der Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis muss berücksichtigungsfähig sein. Das ist nur dann der Fall, wenn er aus dem Führerschein selbst ersichtlich ist oder sich aus anderen, vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden, unbestreitbaren Informationen ergibt. Wenn beispielsweise im Führerschein ein Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat eingetragen ist und andere Informationen vom Ausstellermitgliedstaat nicht zu erlangen sind, der Betroffene aber selbst zugibt, gegen das Wohnsitzerfordernis verstoßen zu haben, ist das nicht ausreichend.
Das BVerwG hat jetzt entschieden, dass im Fall des Umtauschs einer deutschen Fahrerlaubnis in einem anderen EU-Mitgliedstaat in einen ausländischen EU-Führerschein, aus dem sich ein deutscher Wohnsitz ergibt, der Betroffene nicht berechtigt ist, damit Kraftfahrzeuge der entsprechenden Klassen in Deutschland zu führen. Das gilt unabhängig davon, ob der Betroffene mit dem Umtausch eine neue ausländische Fahrerlaubnis für diese Klassen erwirbt oder ob ihm nur ein neues Führerscheindokument für seine nach wie vor deutsche Fahrerlaubnis ausgestellt wird.
Für die sog. Umtauschfälle hat der Gesetzgeber mittlerweile dem § 28 Abs. 4 S. 1 FeV die Nr. 7 und 8 angefügt. Danach gilt Folgendes: Wenn die ausländische EU-Fahrerlaubnis auf dem Umtausch einer Fahrerlaubnis eines Drittstaats, der nicht in Anlage 11 zur FeV aufgeführt ist, beruht und dem Umtausch keine Prüfung voranging, ist eine solche Fahrerlaubnis inlandsungültig. Die gleiche Rechtsfolge tritt ein, wenn der umgetauschte Führerschein aus dem Drittstaat auf einer Fälschung beruht (Nr. 7). In solchen Fällen gilt der europarechtliche gegenseitige Anerkennungsgrundsatz nicht (Art. 8 Abs. 6 S. 3 der Richtlinie 91/439/EWG; Art. 11 Abs. 6 S. 3 der Richtlinie 2006/126/EG).
Auch dann, wenn die ausländische EU-Fahrerlaubnis auf dem Umtausch einer Fahrerlaubnis aus einem Drittstaat beruht und der Betroffene zum Zeitpunkt des Umtausches seinen führerscheinrechtlich relevanten Wohnsitz im Inland hatte, ist eine solche ausländische EU-Fahrerlaubnis inlandsungültig (Nr. 8 mit den Ausnahmen – Schüler und Studenten unter den genannten Voraussetzungen – hierzu). Da der unionsrechtliche gegenseitige Anerkennungsgrundsatz in solchen Umtauschfällen nicht gilt, ist auch nicht Voraussetzung, dass die Informationen, aus denen sich der Wohnsitzverstoß ergibt, vom Ausstellermitgliedstaat selbst stammen müssen.
Das Sächs. OVG hat entschieden, dass von einer schweizerischen Fahrerlaubnis, mit der eine seit langem erloschene Fahrerlaubnis umgeschrieben worden war, nicht gem. § 29 Abs. 4 FeV in Deutschland Gebrauch macht werden kann, wenn die schweizerische Fahrerlaubnisbehörde bei der Umschreibung augenscheinlich davon ausgegangen ist, dass die deutsche Fahrerlaubnis nach Ablauf der gerichtlich festgelegten Sperrfristen automatisch wieder auflebt.