Treffen mehrere mit der 4-Monats-Frist des § 25 Abs. 2a StVG versehene Fahrverbote im Rahmen der Vollstreckung zusammen, so sind sie in der Reihenfolge der Rechtskraft nacheinander zu vollstrecken. Der Gesetzgeber hat diesen Fall in § 25 Abs. 2a S. 2 StVG ausdrücklich geregelt. Die Gesetzesformulierung ist also für diese Fälle klar und unmissverständlich. Die Rechtskraft als maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Vollstreckungsreihenfolge festzustellen, ist in der Praxis i.d.R. unproblematisch. U.U. kann es hier auch erforderlich werden, nicht nur das Datum der Rechtskraft festzustellen, sondern auch die Uhrzeit. Dies kann etwa erforderlich werden, wenn Einspruchsrücknahmen per Fax am gleichen Tage an verschiedene Behörden gesandt wurden. Der Verteidiger sollte sich daher den Eingang und die Rechtskraft bestätigen lassen und in Fällen der erforderlichen Klärung darauf hinwirken, dass die vollstreckenden Behörden von den jeweils anderen Entscheidungen und deren genauer Rechtskraft Kenntnis erlangen. Der Wille des Gesetzgebers, zumindest mehrere mit Schonfrist versehene Fahrverbote im Wege der Anschlussvollstreckung zu erledigen, kann m.E. jedoch nicht greifen, wenn ein zeitgleicher Rechtskrafteintritt herbeigeführt wird, da dann nicht mehr die gesetzlich vorgesehene Rechtskraftreihenfolge festgestellt werden kann. Diese Möglichkeit einer parallelen Vollstreckung von Schonfristfahrverboten hat auch das OLG Hamm in einer nicht vollstreckungsrechtlichen Entscheidung ausdrücklich angenommen (allerdings für den Fall, dass eine Bußgeldentscheidung mit zwei Fahrverboten zur gleichen Zeit rechtskräftig und damit auch zur gleichen Zeit vollstreckbar würde). Es ist hier anwaltliche Kreativität gefragt. Möglich ist z.B. eine Rücknahme aller Einsprüche oder Rechtsbeschwerden mit einem Schriftsatz, in dem alle betroffenen Verfahren erwähnt sind, so dass hierdurch eine zeitgleiche Rücknahme dokumentiert ist. Dies gilt natürlich nur dann, wenn alle Verfahren bei der gleichen Behörde anhängig sind. Bei verschiedenen Behörden kann z.B. ein Computerfax erfolgversprechend sein – die E-Mail reicht dagegen (noch) nicht für die Schriftform aus. Ansonsten reicht bei herkömmlich schriftlicher Rücknahmeerklärung der jeweilige Eingangsstempel der Behörde/des Gerichtes, da hier i.d.R. nur das Datum des Eingangs des Schriftsatzes, nicht aber die Uhrzeit dokumentiert wird. Wird dagegen zuerst an die eine und dann die andere Behörde gefaxt, ist wieder eine zeitliche Reihenfolge der Rechtskraft feststellbar, auch wenn möglicherweise nur Sekunden entscheidend sind.
Die frühere zu diesem Thema veröffentlichte Rechtsprechung hat in derartigen Konstellationen gleichwohl den Parallelvollzug abgelehnt und stattdessen ohne jede gesetzliche Grundlage hierfür willkürlich eine Vollstreckungsreihenfolge nach Erlassdatum der "konkurrierenden" Fahrverbotsentscheidungen angeordnet oder zumindest die Parallelvollstreckung abgelehnt, ohne mitzuteilen, welche Vollstreckungsreihenfolge gelten soll. Das AG Waiblingen hat etwa die Parallelvollstreckung abgelehnt, weil die Möglichkeit einer gleichzeitigen Rechtskraft mehrerer Fahrverbotsentscheidungen unwahrscheinlich und damit das Umgehen der Rechtskraftreihenfolge durch einen kreativen Verteidiger willkürlich sei. Diese Logik erschließt sich mir nicht, da das Erlassdatum als Kriterium keinerlei normative Grundlage im Vollstreckungsrecht hat und austauschbar gegen ebenso untaugliche Kriterien wäre, wie etwa das Tatdatum, die erste Anhörung des Betroffenen im Verfahren, die höhere Geldbuße oder die schnellere Vollstreckungsbehörde. Zudem: Was passieren soll, wenn auch die Erlassdaten sich decken, bleibt ungeklärt. Ein ohnehin "kreativer" Verteidiger wird so z.B. die beteiligten Behörden um den Erlass des Bußgeldbescheides am selben Tage bitten, ohne seine Motive im Hinblick auf die spätere Vollstreckung kundzutun. Spätestens dann müssen die Gerichte, die bei gleichzeitiger Rechtskraft doch eine Vollstreckungsreihenfolge feststellen wollen, "im luftleeren Raum" Recht sprechen. M.E. kann jedenfalls eine willkürliche Festlegung einer Vollstreckungsreihenfolge ohne bzw. entgegen einer bestehenden gesetzlichen Regelung nicht stattfinden. Es sind zudem Fälle denkbar (z.B. Wiederaufnahme oder nachträgliche Feststellung fehlerhaft angenommener Rechtskraft), in denen es hinterher (etwa wegen des Vorwurfs des Fahrens ohne Fahrerlaubnis oder wegen festzusetzender Entschädigungen) genau darauf ankommt, wann welches Fahrverbot vollstreckt wurde. Zudem ist im Hinblick auf das AG Waiblingen anzumerken, dass die Klassifizierung eines geschickten Verteidigungsverhaltens als "Willkür" als eine durchaus zweifelhafte Lösung der Problematik erscheint. Das OLG Hamm sieht es vielmehr offenbar als missbräuchliches Verhalten der Bußgeldbehörde an, wenn sie verbindbare Verfahren, die bei einer Behörde anhängig sind, nicht in einem Verfahren verbindet und nur mit einem Fahrverbot ahndet. Vielmehr muss es bei der Anwen...