Vor Erlass des Verwerfungsurteils gilt im gerichtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit § 16 StPO sinngemäß, was zur Folge hat, dass das Amtsgericht die Zuständigkeit bis zur Anberaumung der Hauptverhandlung von Amts wegen zu prüfen hat. Danach erfolgt die Prüfung nur auf den spätestens bis zum Beginn der Vernehmung des Betroffenen zur Sache geltend zu machenden Einwand des Betroffenen, wobei ein bereits vor Beginn der Hauptverhandlung erhobener und noch nicht beschiedener Einwand genügt. Mit dieser Maßgabe hat das Gericht seine örtliche Zuständigkeit auch vor dem Erlass eines Verwerfungsurteils zu prüfen. Hat das Gericht seine örtliche Unzuständigkeit erst in der Hauptverhandlung erkannt, ist die Einstellung des Verfahrens nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 260 Abs. 3 StPO auch dann vorrangig, wenn der Betroffene unentschuldigt der Hauptverhandlung fernbleibt, so dass der Erlass eines Verwerfungsurteils nach § 74 Abs. 2 OWiG ausscheidet.
Die Ablehnung eines auf die Verhinderung des Verteidigers gestützten Terminsaufhebungs- oder -verlegungsantrags kann gegen die prozessuale Fürsorgepflicht des Gerichts verstoßen. Hierbei kommt es auf das Ergebnis der Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen an seiner wirksamen Verteidigung und dem Interesse an einer möglichst reibungslosen und zügigen Durchführung des Verfahrens an. Hat das Amtsgericht einen solchen Antrag rechtsfehlerhaft abgelehnt, beruht ein im Termin ergangenes Verwerfungsurteil auf diesem Rechtsfehler, sofern nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Betroffene in einer Hauptverhandlung an einem anderen Tage erschienen wäre. Ebenfalls als Aspekt der Fürsorgepflicht wurde gewertet, dass das Gericht bei Ankündigung einer Verspätung nicht einfach den Einspruch nach 15 Minuten Wartezeit verwerfen darf.
Gleich mehrfach stand die Frage im Raum, ob nach Aufhebung und Zurückverweisung noch ein Verwerfungsurteil ergehen darf. Die vom OLG Celle vorgelegte Frage betreffend die Durchbrechung der Teilrechtskraft hat der BGH gegen die Ansicht des OLG Hamm entschieden: Das Amtsgericht hat den Einspruch des nicht vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbundenen und unentschuldigt ausgebliebenen Betroffenen auch dann zu verwerfen, wenn das vorausgegangene Sachurteil vom Rechtsbeschwerdegericht nur im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen worden war. Dieser Ansicht ist das OLG Bamberg direkt gefolgt. Die Entscheidung, dass ein Verwerfungsurteil jedenfalls dann erlassen werden darf, wenn ein vorangegangenes Sachurteil insgesamt aufgehoben und die Sache zurückverwiesen worden war, und das aufgehobene Urteil nicht zugunsten des Betroffenen von den Rechtsfolgen des Bußgeldbescheides abweicht, war auch zuvor schon Ansicht der meisten Oberlandesgerichte. Eine anstelle eines gebotenen Verwerfungsurteils erlassene Sachentscheidung verletzt das Anwesenheitsrecht des Betroffenen.
Eine prozessual atypische Situation ergab sich in folgender Konstellation: Es war aus der Akte nicht mehr herauszufinden, ob das Gericht das Verwerfungsurteil am Ende der Hauptverhandlung oder erst einige Tage nach der Hauptverhandlung erlassen und zugestellt hatte. Verwirft das Amtsgericht dem Anschein nach den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid außerhalb der Hauptverhandlung und wird dem Betroffenen die Ausfertigung eines Urteils zugestellt, die bei diesem den Eindruck erwecken muss, die Verwerfung sei innerhalb der Hauptverhandlung erfolgt, ist auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen der Rechtsschein eines solchen Urteils zu beseitigen. Bedenklich erschien mir nur die vom OLG vorgeschlagene weitere Verfahrensweise: die Verwerfung im Beschlusswege durchzuführen, um im schriftlichen Verfahren entscheiden zu können. Denn: Was tut das Amtsgericht, wenn der findige Verteidiger nach Lektüre der OLG-Entscheidung sofort Widerspruch gegen eine Entscheidung nach § 72 OWiG einlegt? Dann bleibt nur die Neuterminierung der Hauptverhandlung, was meiner Ansicht nach ohnehin die pragmatischste Lösung gewesen wäre.