BGB § 249
Leitsatz
Es kann einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen, wenn dem Inhaber eines DSL-Anschlusses die Möglichkeit genommen wird, seinen Zugang zum Internet zu nutzen, ohne dass ihm hierdurch Mehraufwendungen entstanden oder Einnahmen entgangen sind.
BGH, Urt. v. 24.1.2013 – III ZR 98/12
Sachverhalt
Der Kl. macht die Verurteilung des Bekl. Telekommunikationsunternehmens zur Zahlung von Schadensersatz geltend, weil er seinen Internetanschluss für längere Zeit nicht nutzen konnte. Der Kl. hatte mit der Rechtsvorgängerin der Bekl. einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses geschlossen, über den er auch seinen Telefon- und Telefaxverkehr abwickelte. Nachdem die Vertragsparteien einen Tarifwechsel zum 15.12.2008 vereinbart hatten, war der Anschluss des Kl. unterbrochen. Der Bekl. gelang es nach mehreren Mahnungen des Kl. nicht, die Verbindung zum Internet wieder herzustellen. Der Kl. kündigte daraufhin den Telekommunikationsvertrag und wechselte zu einem anderen Diensteanbieter, der die Aufschaltung des Anschlusses an sein Netz zum 16.2.2009 vornahm. Der Kl. hat von der Bekl. den Ausgleich der Mehrkosten infolge des Vertragsschlusses mit dem anderen Anbieter und für die Nutzung eines Mobiltelefons zwischen dem 16.12.2008 und dem 16.2.2009 verfolgt. Weiterhin hat er mit der Klage Schadensersatz für den Fortfall der Möglichkeit der Nutzung des DSL-Anschlusses während dieses Zeitraums für das Festnetztelefon sowie für den Telefax- und Internetverkehr i.H.v. 50 EUR täglich verlangt. Das AG hat dem Kl. das höhere bei dem anderen Dienstanbieter anfallende Entgelt und für die Kosten der Mobilfunknutzung zuerkannt, im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. und die Anschlussberufung der Bekl. blieben erfolglos. Mit der von dem BG zugelassenen Revision hat der Kl. seinen Anspruch auf Schadensersatz für die entgangene Nutzungsmöglichkeit seines DSL-Anschlusses weiter verfolgt. Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das BG.
2 Aus den Gründen:
[7] "… 1. Da das BG die Revision beschränkt auf die Schadenshöhe zugelassen hat, hat der Senat bei seiner Entscheidung ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Kl. dem Grunde nach einen Schadensersatzanspruch gem. § 280 BGB hat, weil die Bekl. ihre vertraglich vereinbarten Pflichten schuldhaft verletzte, indem sie die ihr obliegende Leistung im Zeitraum vom 15.12.2008 bis zum 16.2.2009 nicht erbrachte."
[8] 2. Der Auffassung der Vorinstanz, der Kl. könne für den durch die Unterbrechung des DSL-Anschlusses verursachten Fortfall der Möglichkeit, das Festnetztelefon, das Telefaxgerät und mittels seines Computers das Internet zu nutzen, keinen Schadensersatz verlangen, der über den Ersatz der Mehrkosten für den Anschluss bei dem anderen Diensteanbieter und für den Einsatz des Mobiltelefons hinausgehe, vermag der Senat nicht beizutreten.
[9] a) Ersatz für den Ausfall der Nutzungsmöglichkeit eines Wirtschaftsguts kommt für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache in Betracht. Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grds. Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten (z.B. BGH, Urt. v. 10.6.2008 – VI ZR 248/07, VersR 2008, 1086 = NJW-RR 2008, 1198 Rn 7). Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist (BGH, Großer Senat für Zivilsachen, v. 9.7.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 222 f. = VersR 1986, 1103, 1105 f.; VersR 2008, 1066 = NJW-RR 2008, 1198) und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können (BGH VersR 2008, 1086 = NJW-RR 2008, 1198). Der Tatrichter soll den Schadensersatz nicht an unkontrollierbaren subjektiven Wertschätzungen festmachen müssen, die ihm der Geschädigte angibt, sondern an Werten, die der Verkehr dem Interesse an der konkreten Nutzung beimisst (BGH a.a.O.; vgl. auch BGHZ 98, 212, 222 f. = VersR 1986, 1103, 1105 f.). Hierzu kann auf die Verkehrsanschauung abgehoben werden, wenn diese auch nicht darüber entscheiden kann, wo die Grenze des § 253 BGB verläuft (BGH VersR 2008, 1086 = NJW-RR 2008, 1198; vgl. auch v. 15.11.1983 – IV ZR 269/81, BGHZ 89, 60, 62 f. = VersR 1984, 142, 143 m.w.N.).
[10] Bei der Prüfung, ob nach der Verkehrsauffassung der vorübergehende Verlust der Nutzungsmöglichkeit eines Gegenstands als wirtschaftlicher Schaden gewertet werden kann, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Das verlangt die in § 253 BGB getroffene gesetzgeberische Entscheidung, wonach immaterieller S...