"Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen" lautet ein altes Sprichwort, das auf die Texte Ovids zurückgeht (Tempora mutantur, nosque mutamur in illis) und spätestens seit dem 16. Jahrhundert als Sprichwort belegt ist (Quelle: Wikipedia). Was damals galt, gilt auch heute für die Tätigkeit der Verkehrsanwälte. Wie wird diese in ein paar Jahren aussehen? "Zukunft des Verkehrsanwalts – attraktive Nischen" ist daher das Motto, unter dem beim diesjährigen Anwaltstag die Aufgabenfelder der Verkehrsanwälte beleuchtet werden.
Es ist eine spannende Frage, die alle bewegt, die in diesem Bereich tätig sind. Wenn man bedenkt, dass es in Deutschland nach Schätzungen des Kraftfahrtbundesamts circa 54 Millionen Fahrerlaubnisinhaber gibt und am 1.1.2013 immerhin 60,8 Millionen Fahrzeuge in Deutschland registriert waren, erkennt man, welcher Rechtsberatungsmarkt hier besteht. Allerdings werden sich in den nächsten Jahren die Gewichte der einzelnen Bereiche verschieben. Hierauf ist zu reagieren.
War früher die Unfallregulierung der alles dominierende Bereich und ungeliebte Randgebiete, wie das Verwaltungsrecht, wenigen Spezialisten vorbehalten, wird sich dies ändern. Die Unfallzahlen gehen beständig zurück. Ein vollständig gewandeltes Regulierungsverhalten der Haftpflichtversicherer, das Schadensmanagement, führt immer seltener dazu, dass Mandate aus diesem Bereich zufällig angetragen werden.
Wie können Verkehrsanwälte auf diese Entwicklung reagieren? Einige Anregungen vom Anwaltstag:
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Die Mandatsgewinnung auf online-Basis: Im Zeitalter von Internet, iPhone und iPad hat der Verkehrsanwalt, der in seiner Kanzlei auf den Anruf des zukünftigen Mandanten wartet, durchaus anachronistische Züge. In der Zukunft wird gerade eine Verkehrsanwältin viel mehr auf Mobilität setzen und dabei moderne Kommunikationswege einsetzen. Die europaweite Einführung von E-Call-Systemen, bei denen die Elektronik des Fahrzeugs die Unfallhilfe in Gang setzt, bietet auch hier Chancen für die Verkehrsanwälte, die es zu nutzen gilt. |
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"Von Alkoholkontrolle bis Unfallflucht – das Leistungsspektrum der Verkehrsanwälte", wo kann es besser dargestellt werden, als bei den Fahranfängern. Eine PowerPoint-Präsentation für Fahrschulen, präsentiert von der Verkehrsanwältin vor Ort. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht hat diese Präsentation für ihre Mitglieder vorbereitet, sie muss nur aufgegriffen werden. |
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Die Hilfestellung im Verwaltungsverfahren: Bei 54 Millionen Führerscheinen müssen die Behörden genauer hinschauen, ob wirklich alle Inhaber geeignet sind, mit den Gefahren des Straßenverkehrs verantwortlich umzugehen. Schnell wird aus dem guten Ansatz aber auch ein Fluch, wenn Gängelei oder Behördenwillkür Einzug hält. Das Verkehrsverwaltungsrecht, zersplittert in Europa-, Bundes- und Landesrecht, geregelt in Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Behördenpraxis und Rechtsprechung, lässt dem rechtsunkundigen Bürger kaum eine Chance, sich selbst zurecht zu finden. Abgesichert durch Rechtsschutzversicherungen wartet hier ein riesiger Beratungsmarkt darauf, wachgeküsst zu werden. |
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Wer kennt sie nicht, schier nicht enden wollende Kolonnen von Lkw auf der Autobahn? Sie gehören Fuhrunternehmen, die dringend spezialisierten Rechtsrat im Verkehrsrecht benötigen. Bußgelder in fünf- und sechsstelliger Höhe. Auch hier ein riesiges Betätigungsfeld, bisher nahezu unentdeckt. |
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Verbraucher-Leasing, das Zauberwort des Automobilvertriebs: Ein gesetzlich nicht geregelter Vertragstyp, einst entwickelt von der Finanzbranche für Kaufleute, heute verwendet, um Fahrzeuge an Verbraucher zu vertreiben, wobei die Kaufpreise der Autos nicht selten das Jahresgehalt des Leasingnehmers übersteigen. Wo findet dieser Hilfe, wenn nicht alles glatt läuft? Beim spezialisierten Verkehrsanwalt! |
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Versicherungen rund um das Auto: Ein eher klassisches Feld, durch immer neue Bedingungswerke aber hoch aktuell. Welcher Versicherungsnehmer weiß schon, was eine GAP-Versicherung ist und welche Rechte er im Schadenfall daraus herleiten kann, wenn ihn die Verkehrsanwältin nicht umfassend darüber berät und im Zweifel seine Rechte auch durchsetzt? |
Lassen Sie mich daher mit einem weiteren Sprichwort enden: Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern hoch erhobenen Hauptes Ausschau halten nach den neuen Geschäftsfeldern.
Autor: Oskar Riedmeyer
RA Oskar Riedmeyer, FA für Verkehrsrecht, München