"… Die Bekl. konnte ihre Vertragserklärung nicht wegen arglistiger Täuschung anfechten (§ 22 VVG, §§ 123 Abs. 1, 142 BGB), so dass die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung des Kl. fortbesteht. Der Kl. ist bedingungsgemäß berufsunfähig und hat deshalb Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Leistungen."
1. Nach dem vom LG zugrunde gelegten Sachverhalt hat der Kl. die Bekl. nicht arglistig getäuscht. Die gegenläufige Würdigung der festgestellten Indizien im angefochtenen Urteil ist fehlerhaft.
a. Der VR kann den Versicherungsvertrag gem. § 22 VVG, § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten, wenn der VN bei Vertragsabschluss bewusst unrichtige Angaben gemacht hat, um den VR zum Abschluss des Vertrags mit dem gewünschten Inhalt zu bewegen, und wenn der VR den Vertrag nicht oder nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn er richtig informiert worden wäre.
b. Hier hatte die Zeugin Sch unstreitig unrichtige und unvollständige Angaben an die Bekl. weitergegeben. Die Gesundheitsfragen des im November 2002 ausgefüllten Antragsformulars bezogen sich auf einen Fünfjahreszeitraum. In diesen Zeitraum fielen die Fissur des rechten Außenknöchels im Jahr 1999, die rezidivierenden Fisteln und Abszesse in den Jahren 1997-2001, die Ellbogenbeschwerden (Epicondylitis) im Jahr 2002 sowie eine zunehmende Hörminderung seit Anfang 2002. All das wurde in der Antragserklärung nicht eingetragen. Gleichwohl konnte die Bekl. ihre Vertragserklärung nicht anfechten.
(1) Die Täuschung eines VR ist nicht ohne Weiteres durch unzutreffende oder unvollständige Angaben im Antragsformular belegt …
(a) Vor diesem Hintergrund scheidet eine arglistige Täuschung wegen der nicht im Formular erwähnten Hauterkrankungen und der Hörminderung aus.
Das LG hat aufgrund der Beweisaufnahme keine Überzeugung gewonnen, dass der Kl. diese Krankheiten gegenüber der Zeugin Sch beim Antragsgespräch verborgen habe. Der Senat sieht keine Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der hierauf bezogenen Feststellungen begründen würden (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Zeugin hat in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung dargelegt, wie der Kl. von Fisteln und Abszessen berichtet habe. Ihr sei dies peinlich gewesen, weil der Intimbereich betroffen gewesen sei. Sie habe dann versäumt, Eintragungen ins Antragsformular zu machen, weil man angenommen habe, deswegen träte gewiss keine Berufsunfähigkeit ein. Demnach wurde die Versicherungsagentin als Auge und Ohr des VR informiert, die Bekl. mithin nicht getäuscht. Entsprechendes gilt für die Hörminderung. Das LG hat festgestellt, die Zeugin habe eingeräumt, hiervon – möglicherweise bereits bei der Antragstellung – gewusst zu haben. Sie konnte nicht erklären, warum keine Eintragung in das Antragsformular erfolgt sei. Die Voraussetzungen einer Täuschung sind damit jedenfalls nicht bewiesen.
(b) Die Grundsätze der Auge-und-Ohr-Rspr. kommen indessen nicht zum Tragen mit Blick auf die weder im Formular eingetragene noch – was der Kl. selbst zugesteht – gegenüber der Zeugin erwähnte Fissur des rechten Außenknöchels im Jahr 1999. Das LG hat dazu festgestellt, das Verschweigen sei unstreitig, indessen keine näheren Feststellungen zur Arglist getroffen. Deren subjektive Voraussetzungen sind nicht bewiesen. …
Der Senat kann einen Arglistvorwurf auf das Verschweigen der Knöchelfissur nicht stützen. Der Kl. hat in seiner erstinstanzlichen informatorischen Anhörung dargelegt, er müsse sie wohl vergessen haben. Er sei vor der Arbeit gestürzt, und am Arbeitsplatz sei dann der Fuß angeschwollen. Dass eine Arthrose diagnostiziert worden sei, sei ihm nicht bekannt. Schriftsätzlich hatte er vorgetragen, er habe sich beim Aussteigen aus dem Pkw den Fuß verknackst, und ihm sei dieses Ereignis bei Antragstellung schlicht nicht präsent gewesen sei. Es scheint nicht unplausibel, dass ein VN, der eine derartige vorübergehende “Allerweltsverletzung' ohne pathologische Vorgeschichte und ohne – ihm zur Kenntnis gelangte – dabei getroffene sonstige, verletzungsunabhängige Diagnosen bei Antragstellung nicht erwähnt, dies ohne Täuschungsvorsatz tut.
(c) Die Arglistanfechtung kann entgegen der Ansicht des LG auch nicht auf die im Antragsformular nicht angegebenen Ellbogenbeschwerden gestützt werden.
Ungeachtet des Umstands, inwieweit sie im Antragsgespräch als solchem thematisiert sein mögen oder nicht, stehen doch jedenfalls die Geschehnisse vor der Antragsaufnahme der Annahme eines Täuschungsvorsatzes entgegen. Hier tragen die tatsächlichen Feststellungen des LG – deren Richtigkeit und Vollständigkeit auch insoweit nicht infrage steht – im Ergebnis die Annahme der Arglist nicht.
Das LG hatte keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin Sch. Es hat ihr offenbar geglaubt, dass im Vorfeld der Antragsaufnahme ein Gespräch über eine abzuschließende Versicherung geführt worden sei, dass man dabei auch über die Armbeschwerden geredet habe und dass sie dem Kl. geraten habe, erst seine Verletzung ausheilen zu lassen, da eine Antragstellung bei einer akuten Erkra...