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Verteidigung gegen ein drohendes Fahrverbot ist fast immer das Darstellen von Umständen, auf deren Entstehung der Verteidiger keinen Einfluss (mehr) hat, so etwa in den Bereichen sog. Augenblicksversagens oder beruflicher Härten. Hier bleibt dann – schwierig genug – nur das Ermitteln des Sachverhalts und dessen strategisch richtige Darstellung Aufgabe der Verteidigung. Für den Verteidiger ebenso schwierig: Betroffene wollen oftmals nicht viele Monate untätig abwarten, um dann im Rahmen einer Hauptverhandlung zu erfahren, ob ihre konkreten Tatumstände, ihre beruflichen oder persönlichen Verhältnisse ausreichen, den Tatrichter von der Erforderlichkeit des Absehens vom Fahrverbot zu überzeugen. Hier kann es helfen, durch Schulungsmaßnahmen etc. die Verhängung eines Fahrverbots aktiv zu verhindern. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Problematik.
A. Sinn und Zweck des Fahrverbots
Mit dem bußgeldrechtlichen Fahrverbot soll auf den Betroffenen als zusätzliche Ahndung neben der Geldbuße dort eingewirkt werden, wo er gefehlt hat, um ihm seine Verfehlung deutlich vor Augen zu führen. Als Unrechtsnebenfolge für eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige und vorwerfbare Handlung hat das Fahrverbot deshalb wie die Geldbuße repressiven Charakter, welcher primär in einer individuellen Beschränkung der Möglichkeit, aufgrund der erworbenen Erlaubnis ein Kraftfahrzeug zu führen, seinen Ausdruck findet und durch die Beschränkung der Handlungsfreiheit jeden betroffenen Kraftfahrzeugführer gleichermaßen belastet. Dem Fahrverbot ist nach der gesetzgeberischen Intention in erster Linie eine Erziehungsfunktion zugedacht, so dass es als Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme gedacht und ausgeformt ist. Es dient damit ausschließlich spezialpräventiven Zwecken; generalpräventive Aspekte müssen von vornherein außer Betracht bleiben. Auch die im Rahmen der §§ 69, 69a StGB maßgebliche Ungeeignetheit ist kein Maßstab im Rahmen des Fahrverbots.
König meint dagegen offenbar, dieser Erziehungsgedanke brauche nicht berücksichtigt zu werden, da das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht vom Erziehungsgedanken geprägt sei. Letzteres ist sicher richtig, doch richtet sich die Fahrverbotsanordnung nicht nach dem einfachen Ordnungswidrigkeiten(prozess)recht, sondern vielmehr nach materiellem Straßenverkehrsrecht – dieses wird nicht etwa im Bußgeldverfahren ausgehebelt. Letztlich zeigt dieses Wertungsproblem das Dilemma des Fahrverbots im Ordnungswidrigkeitenrecht, das eigentlich gar nicht auf ausführliche Einzelfallprüfungen ausgelegt ist – das Fahrverbot erfordert aber geradezu eine solche Prüfung.
B. Absehen wegen fehlender Erforderlichkeit des Fahrverbots
Der dem Fahrverbot zugrundeliegende Erziehungsgedanke ist stets im Blick zu behalten bei allen Entscheidungen, die das Fahrverbot angehen. Ist der Erziehungseffekt bereits anders eingetreten als durch das drohende Fahrverbot oder kann er nicht mehr eintreten, so kann die Fahrverbotsanordnung falsch sein. Die Notwendigkeit der Fahrverbotsanordnung kann so aus diesem Gesichtspunkt heraus entfallen, etwa bei langer Verfahrensdauer, wegen eines vollstreckten oder gar noch zur Vollstreckung anstehenden Fahrverbots, nach mündlichem Fahrverbot oder eben auch nach Nachschulungen pp.
In der Literatur wird das Erfordernis der Berücksichtigung des Erziehungsgedankens jedoch teils bestritten. Wie bereits dargestellt, wird dies teilweise vertreten, da das Ordnungswidrigkeitenrecht nicht vom Erziehungsgedanken geprägt sei. Dies ist abzulehnen, da sich das Fahrverbot nicht nach Prozessrecht, sondern nach § 25 StVG bestimmt. Zudem behauptet König, das für Bußgeldsachen zuständige Gericht könne im strukturell auf schnelle Fallzahlenerledigung angelegten OWi-Verfahren gar nicht feststellen, ob bereits eine Erziehungswirkung eingetreten ist, die eine Fahrverbotsanordnung entbehrlich macht. Dies unterschätzt m.E. aber die Tatrichter in Bußgeldverf...