StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 Abs. 1 und 3 § 17 Abs. 7; FeV Anlage 4 Nr. 9.1, 9.5; VwGO § 80
Leitsatz
1. Der Konsum von sog. harten Drogen (d.h. von Betäubungsmitteln mit Ausnahme von Cannabis) führt nach der Regelannahme gem. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV zum Verlust der Kraftfahreignung, ohne dass es darauf ankommt, ob eine regelmäßige Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt oder ein Kfz unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geführt worden ist (Bestätigung der st. Senats-Rspr., vgl. etwa Beschl. v. 25.11.2010 – 10 S 2162/10 – NJW 2011, 1303 [Ls. in zfs 2011, 117]).
2. Jedenfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Sachverhaltsprüfung können die gegenüber einer staatlichen Stelle erfolgten eigenen Bekundungen des Betr., er habe Betäubungsmittel konsumiert, einen hinreichenden Grund für die Annahme der Einnahme eines anderen Betäubungsmittels i.S.d. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV darstellen.
3. Ist die Kraftfahreignung wegen Drogenkonsums nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV verloren gegangen, entfällt nicht allein durch die Behauptung einer nachfolgenden Drogenabstinenz und den Ablauf eines Jahres seit Beginn der behaupteten Abstinenz die Befugnis der Fahrerlaubnisbehörde, wegen fortbestehender Fahrungeeignetheit die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn der materielle Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung von dem Betr. nicht erbracht worden ist. Vielmehr ist ohne Bindung an starre zeitliche Grenzen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, ob sich der Betr. trotz des Ablaufs einer längeren Zeitspanne weiterhin als fahrungeeignet erweist (entgegen BayVGH, Beschl. v. 9.5.2005 – 11 CS 04.2526 – BayVBl. 2006, 18).
VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 7.4.2014 – 10 S 404/14
1 Aus den Gründen:
" … Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe führen nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 S. 1 2. Alt. VwGO vorzunehmende Abwägung zugunsten des Interesses des ASt. ausfällt, vom Vollzug der Entziehungsverfügung des AG v. 19.9.2013 bis zu einer endgültigen Entscheidung über deren Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben. Auch im Hinblick auf das Vorbringen in der Beschwerdebegründung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage von der Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auszugehen. Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der ASt. zum Führen von Kfz nicht geeignet ist. Deshalb ist ernstlich zu befürchten, dass er bereits vor einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährden wird. Damit überwiegt aber das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung."
Wie bereits das VG [VG Karlsruhe, Beschl. v. 6.2.2014 – 4 K 129/14] ausführlich und mit zutreffender Begründung dargestellt hat, hat die Fahrerlaubnisbehörde gem. § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kfz erweist. Nach § 46 Abs. 1 S. 2 FeV gilt dies insb. dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen. Danach war hier die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 46 Abs. 1 S. 2 1. Alt. FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV zwingend geboten, ohne dass der Behörde ein Ermessensspielraum eröffnet wäre.
1. Nach der st. Rspr. des Senats schließt bereits der einmalige Konsum sog. harter Drogen – wie von Amphetamin, vgl. Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG – im Regelfall die Eignung zum Führen von Kfz aus, ohne dass es darauf ankommt, ob eine regelmäßige Einnahme von Betäubungsmitteln vorliegt oder ein Kfz unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln geführt worden ist (vgl. Senatsbeschl. v. 24.5.2002 – 10 S 835/02 – VBlBW 2003, 23; v. 19.2.2007 – 10 S 3032/06 – [zfs 2007, 294 =] VBlBW 2007, 314; sowie v. 25.11.2010 – 10 S 2162/10 – NJW 2011, 1303 [= Ls. in zfs 2011, 117]). In der Rspr. der anderen OVG wird diese Auffassung inzwischen einhellig geteilt (vgl. m.w.N. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschl v. 15.2.2008 – 1 S 186.07 – VRR 2008, 203; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.1.2007 – 3 Bs 300/06 – [zfs 2007, 302 =] VRS 112, 308; OVG Nieders., Beschl. v. 11.8.2009 – 12 ME 195/09 – juris; [Hinweis Schriftl: vgl. OVG Nieders. Beschl v. 11.8.2009 – 12 ME 156/09, zfs 2009, 597]; Hess.VGH, Beschl. v. 21.3.2012 – 2 B 1570/11 – [zfs 2012, 478 =] NJW 2012, 2294 – entgegen der früher vertretenen Auffassung im Beschl. v. 14.1.2002 – 2 TG 3008/01 – ESVGH 52, 130).
Der Senat schließt sich der Auffassung der Beschwerde, dass ein einmaliger Betäubungsmittelkonsum ohne Verkehrsbezug allenfalls Bedenken gegen die Fahreignung begründe, nicht an. Der Verordnungsgeber stellt in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV im Hinblick auf “harte‘ Drogen allein auf die Einnahme als solche und nicht auf die Häufigkeit bzw. auch nicht auf fehlendes Trennungsvermögen zwischen Konsum und Führen eines Kfz ab. Die hierin zum Ausdruck kommende Strenge ist in der Aufnahme des jeweiligen Betäubungsmittels in den Katalog des ...