Der Ausgleich des immateriellen Schadens (in Österreich Schmerzengeld genannt) ist in § 1325 ABGB geregelt, der lautet: "Wer jemanden an seinem Körper verletzt, … bezahlt ihm auf Verlangen überdies ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzengeld."
Wie das deutsche Recht enthält auch das österreichische Recht keine Legaldefinition des Schmerzengeldes. Der von der Rechtsprechung herausgearbeitete Zweck des Schmerzengeldes ist nicht Strafe (Buße), sondern Ersatz (Ausgleich) eines wirklichen (immateriellen, ideellen) Schadens. Das Fehlen pönaler Elemente zeigt sich auch darin, dass der Schmerzengeldanspruch weder vom Grad des Verschuldens abhängt noch durch die Versöhnung ausgeschlossen wird. Allerdings setzt der tatbestandliche Anspruch auf Schmerzengeld in manchen Fällen grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz voraus. Namentlich das vom österreichischen OGH in Rechtsfortbildung entwickelte Angehörigenschmerzensgeld wird nur in Fällen zugesprochen, in denen zumindest grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Nach der Rechtsprechung dient das Schmerzengeld als Genugtuung für alles Ungemach, das der Geschädigte wegen seiner Verletzungen und deren Folgen zu erdulden hat. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf Dauer und Intensität der Schmerzen nach deren Gesamtbild sowie unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzung und des Ausmaßes der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen zu verschaffen. Die Höhe des Schmerzengeldes hat sich dabei in erster Linie an objektivierbaren Kriterien zu orientieren, doch dürfen auch die subjektiven Umstände des Geschädigten nicht völlig außer Acht gelassen werden.
Das österreichische Recht kennt keine gesetzlich geregelten Bewertungskriterien oder gesetzlich festgelegte Berechnungstabellen zum Schmerzensgeld. Die Bemessung ist daher auch nach österreichischem Recht grundsätzlich dem Ermessen des Richters unterstellt. Anders als im deutschen Recht werden jedoch in der österreichischen Gerichtspraxis nicht Vergleichsentscheidungen als maßgebliches Ausgangskriterium herangezogen. Obwohl der OGH immer wieder betont, das Schmerzengeld sei mit einer Globalsumme und nicht nach Tagessätzen zu bestimmen, hat sich in der außergerichtlichen und unterinstanziellen Praxis ein Tagessatzsystem etabliert, welches bei leichteren und mittleren Verletzungen zum Tragen kommt.
Die Instanzgerichte – und ihnen folgend die außergerichtliche Praxis – bestimmen daher das angemessene Schmerzengeld in folgenden Schritten:
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Zunächst muss ein medizinischer Sachverständiger feststellen, über welche Zeiträume die verletzte Person an Schmerzen litt. Diese Schmerzen werden dabei bewertet, bei körperlichen Verletzungen in vier Kategorien (leichte, mittlere, schwere und qualvolle Schmerzen) und bei psychischen Schadensfolgen in drei Kategorien (starke, mittlere und leichte seelische Schmerzen). |
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Die so festgestellten Perioden der Schmerzintensität werden dann mit Tagessätzen multipliziert, die von den einzelnen Gerichten festgelegt und in der Fachliteratur jährlich als Tabellen veröffentlicht werden. |
Im Durchschnitt der Gerichte liegen diese Beträge bei EUR 100 für leichte Schmerzen, EUR 200 für mittlere Schmerzen und EUR 300 für starke Schmerzen. Als einziges Gericht hat das OLG Graz auch einen Tagessatz für qualvolle Schmerzen veröffentlicht, der zwischen EUR 350 und EUR 500 liegt.
Ähnlich wie bei den deutschen Vergleichsentscheidungen stellt der durch das Tagessatzsystem ermittelte Betrag den Ausgangspunkt für die konkrete Bemessung im Einzelfall dar und kann vom Richter beim Vorliegen besonderer Umstände angehoben oder abgesenkt werden. Auch bestehen innerhalb der Gerichte manchmal Abweichungen zu den Werten. Kein Richter ist verbindlich an diese Vorgaben gebunden. Insbesondere bei schweren und schwersten Verletzungen mit erheblichen Dauerfolgen ist die Berechnung nach dem Tagessatzsystem keine taugliche Hilfe zur Ermittlung des angemessenen Schmerzengeldes. Für leichte und mittlere Verletzungen werden sie jedoch als unverzichtbar angesehen, weil sie dadurch die Fälle vergleichbar machen. Sie stellen so eine starke Orientierungsmarke dar und es bedarf aus Gründen der Gleichbehandlung und der Vorhersehbarkeit von Entscheidungen eines umso höheren Begründungsumfangs, je weiter sich der Richter im Einzelfall von dieser Berechnung entfernen möchte. In der außergerichtlichen Praxis wird in der Regel schematisch auf der Grundlage dieses Tagessatzsystems abgerechnet.
Damit lässt die Entwicklung in der österreichischen Rechtsprechung zu leichteren und mittleren Verletzungen eine klare Tendenz zur Schematisierung erkennen. Die Praxis hat dies im Sinne einer rationellen Bearbeitung aufgenommen und akzep...