Europäisches Verkehrsrecht
Richtlinie über den grenzüberschreitenden Informationsaustausch bei Verkehrsverstößen nichtig (EuGH, Urt. v. 6.5.2014 – C 43/12)
Der EuGH hat mit Urteil vom 6.5.2014 (Az.: C 43/12) die Richtlinie 2011/82/EU des Europäischen Rates und des Parlamentes v. 25.11.2011 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte (ABl L 288 v. 5.11.2011, S. 1), nach der bei bestimmten Verkehrsverstößen die Daten des Fahrzeughalters zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden sollen, für nichtig erklärt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen ihrer Bedeutung für die Verkehrssicherheit hat der Gerichtshof zugleich angeordnet, dass die Wirkungen der Richtlinie für die Dauer von höchstens einem Jahr ab der Verkündung des Urteils aufrechterhalten bleiben, bis eine neue, auf Grundlage von Art. 91 Abs. 1 Buchst. c AEUV gestützte Richtlinie in Kraft tritt. Die Kommission hatte Klage eingereicht, weil die Richtlinie auf Art. 87 Abs. 2 AEUV und damit auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt worden sei. Dieser Ansicht hat sich der EuGH jetzt angeschlossen: Die Richtlinie diene nach ihrer Zielsetzung und ihrem Inhalt der Erhöhung der Verkehrssicherheit und hätte daher auf Art. 91 Abs. 1 Buchst. c AEUV ("Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit") gestützt werden müssen. Art. 87 Abs. 2 AEUV betreffe zwar den Austausch von Informationen im Rahmen der polizeilichen Zusammenarbeit; hierunter falle aber nicht der Halterdatenaustausch zur grenzüberschreitenden Verfolgung von Verkehrsverstößen. Die Richtlinie ist in Deutschland durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze (BGBl I. 3310) umgesetzt worden.
Zu der Richtlinie und dem Umsetzungsgesetz siehe zuletzt zfs 2013, 542.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 69/14 v. 6.5.2014
Versicherungsrecht
Leistungsfreiheit bei schuldhafter Verletzung einer verhüllten Obliegenheit (BGH, Urt. v. 14.5.2014 – IV ZR 288/12)
Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat hat mit Urteil vom 14.5.2014 entschieden, dass die Frage, ob der Haftpflichtversicherer der Halterin und des Piloten des am 26.4.2008 bei einer Flugschau in Eisenach verunglückten Flugzeugs wegen der von bei dem Unfall geschädigten Dritten erhobenen Ansprüche Versicherungsschutz zu gewähren hat, neu geprüft werden muss. Der Versicherer hat die Regelung der Schäden u.a. mit der Begründung abgelehnt, dass der Versicherungsschutz nach den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen sei, weil die Klassenberechtigung des Piloten für das Flugzeug abgelaufen gewesen war. Die Vorinstanzen haben die Klage des Halters und des Piloten auf Feststellung, dass der Versicherer ihnen Haftpflichtschutz zu gewähren habe, daher abgewiesen. Der BGH hat demgegenüber entschieden, dass es sich bei der fraglichen Versicherungsbedingung um eine sog. verhüllte Obliegenheit handele. Dies habe zur Folge, dass sich der Versicherer nur bei einem Verschulden der Kläger auf seine Leistungsfreiheit berufen könne. Für geschädigte Dritte mit Personen- oder Sachschaden hat die Entscheidung zur Konsequenz, dass der Versicherer ihnen nach § 158c VVG a.F. leistungspflichtig bliebe, wenn sie gegenüber den Klägern nur wegen einer schuldhaft begangenen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei sein sollte.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 81/2014 v. 14.5.2014
Planfeststellungsrecht
Klage gegen Planfeststellungsbeschluss für A 49 zwischen Stadtallendorf und der A 5 abgewiesen (BVerwG, Urt. v. 23.4.2014)
Das BVerwG hat mit Urteil vom 23.4.2014 die Klage zweier Naturschutzvereine gegen den Planfeststellungsbeschluss für das letzte Teilstück der Autobahn A 49 und dem Anschluss an die A 5 abgewiesen. Mit dem Projekt soll eine Autobahnverbindung zwischen dem schon fertiggestellten Teilstück der A 49 südlich von Kassel und der A 5 geschaffen werden. Die Trasse führt durch ein Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Gebiet). Im Mittelpunkt des Verfahrens standen Fragen des Gebiets- und Artenschutzes. Das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens überwiege das Interesse am ungeschmälerten Erhalt des FFH-Gebiets. Für die Autobahn bestehe vordringlicher Bedarf, sie sei Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes. Zumutbare Alternativen für die Trassenführung gebe es nicht. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände werden durch die Planung weitgehend vermieden. Den Risiken für die Trinkwasserversorgung sei hinreichend begegnet.
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 30/2014 v. 23.4.2014
Autor: Karsten Funke
RiLG Karsten Funke, Schweinfurt, derzeit abgeordnet an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin
zfs 6/2014, S. 302