Die Klägerin hatte hier – ähnlich wie die Kläger im Fall des AG Aichach vorstehend – eine ihr wohlgesonnene Richterin.
Ob die außergerichtliche Vertretung zweier Unfallgeschädigter verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten sind oder nur eine einzige, hängt in der Praxis von den Umständen des Einzelfalls ab. Zu Recht weist das AG Bochum darauf hin, dass dabei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgebend ist (BGH RVGreport 2011, 16 [Hansens]; RVGreport 2011, 15 [Ders.]; RVGreport 2009, 423 [Ders.] = AGS 2009, 472; BGH RVGreport 2014, 388 [Ders.] = AGS 2014, 263; BGH RVGreport 2016, 94 [Ders.]). Dabei kann von einem für das Vorliegen derselben Angelegenheit sprechenden einheitlichen Rahmen dann noch ausgegangen werden, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich von dem Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst oder in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können. Ein innerer Zusammenhang kann auch dann noch vorliegen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören (BGH RVGreport 2014, 388 [Hansens] = AGS 2014, 263). Dies kann auch dann gegeben sein, wenn der Rechtsanwalt zur Wahrnehmung der Rechte seiner Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen hat oder mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat (BGH RVGreport 2011, 339 [Hansens]).
Welchen Inhalt der Auftrag der Eheleute hier hatte, teilt das AG leider nicht mit. Aufgrund der Formulierung in den Urteilsgründen kann man lediglich schlussfolgern, dass die Eheleute die Anwaltskanzlei getrennt beauftragt haben. Die getrennte Beauftragung der Anwälte spricht jedoch nicht zwingend für die Annahme verschiedener Angelegenheiten. Die Anlage von gesonderten Handakten für jeden der beiden Ehegatten hat für die hier zu entscheidende Frage keine Bedeutung. Anderenfalls hätte es der Anwalt oder seine Kanzleiangestellte durch die Anlage getrennter Handakten in der Hand, ob die Gebühren nach dem Gesamtgegenstandswert einmal oder nach dem jeweiligen Einzelwert getrennt berechnet werden. Gleiches gilt für den Umstand, dass die Anwälte die Schriftsätze im Monatsabstand gefertigt hatten.
Für einen inneren Zusammenhang zwischen den einzelnen Ansprüchen der Eheleute spricht hingegen, dass diese auf den Verkehrsunfall vom 17.2.2015 zurückzuführen sind. Der Umstand, dass der Ehemann der Klägerin einen Sachschaden geltend gemacht hatte, die Klägerin hingegen einen Schmerzensgeldanspruch, spricht nicht gegen die Annahme eines inneren Zusammenhangs zwischen den einzelnen Ansprüchen (siehe BGH RVGreport 2011, 339 [Hansens]). Wären die Ansprüche der Eheleute – mit Ausnahme eines Teilbetrags der Anwaltsvergütung – nicht außergerichtlich reguliert worden, hätten sie in einem gemeinsamen Rechtsstreit durchgesetzt werden können. Der dann bestehenden verfahrensrechtlichen Situation, dass in diesem Fall keiner der beiden Ehegatten als Zeugen in Betracht gekommen wäre, hätte man dadurch begegnen können, dass der Ehemann seine Ansprüche an die Ehefrau abtritt und diese beide Schadenspositionen im eigenen Namen geltend macht.
Die Umstände des Einzelfalls, soweit diese den Urteilsgründen entnommen werden können, sprechen somit eher für die Annahme nur einer einzigen Angelegenheit.
Den mitgeteilten Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, in welcher Weise die Eheleute bei dem Verkehrsunfall zu Schaden gekommen sind. War der Ehemann Fahrer oder Halter des in den Unfall verwickelten Fahrzeugs und die Ehefrau Insassin dieses Fahrzeugs, so wäre die Vertretung beider Ehegatten durch dieselbe Anwaltskanzlei sehr problematisch. Denn die Rechtsanwälte hätten sich dann der Gefahr ausgesetzt, widerstreitende Interessen zu vertreten. Die Vertretung der Ehefrau hätte sich nämlich dann auch auf die Prüfung erstreckt, ob gegen den Ehemann als Halter oder Fahrer ebenfalls Schadensersatzansprüche bestehen.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 6/2016, S. 349 - 350