BGB § 205 § 288 Abs. 1 § 636 Abs. 2 § 765 Abs. 1
Leitsatz
1. Die Verjährung des Anspruchs des Leasinggebers auf Zahlung von Leasingraten ist gem. § 205 BGB während eines auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteten Rechtsstreits des Leasingnehmers, dem – leasingtypisch – unter Ausschluss der Sachmängelhaftung im Rahmen des Leasingvertrages kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche und -rechte gegen den Lieferanten übertragen worden sind, gehemmt. Denn das Recht des Leasingnehmers, die Zahlung der Leasingraten vorläufig einzustellen, wenn er ihm übertragene Ansprüche und Rechte gegen den Lieferanten klageweise geltend macht, ist ein leasingvertraglich vereinbartes vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht (Fortführung und Fortentwicklung von BGHZ 97, 135 = NJW 1986, 1744; NJW 2010, 2798).
2. Die Verjährung ist auch dann gehemmt, wenn der Leasingnehmer formularvertraglich verpflichtet ist, die zurückbehaltenen Leasingraten während des Gewährleistungsprozesses zu Sicherungszwecken (§§ 232 ff. BGB) bei Gericht zu hinterlegen. Das den Verzug ausschließende Recht zur vorläufigen Einstellung der Zahlung der Leasingraten gem. § 205 BGB entfällt rückwirkend, wenn die auf Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtete Klage gegen den Lieferanten rechtskräftig abgewiesen wird. Erweist sich der Rücktritt des Leasingnehmers als unberechtigt, steht fest, dass der Anspruch des Leasinggebers auf Zahlung von Leasingraten insgesamt begründet und nicht etwa zeitweilig unbegründet war (Fortführung von BGHZ 97, 135, 145 = NJW 1986, 1744). Die durch das Recht des Leasingnehmers zur vorläufigen Einstellung der Leasingraten erfolgte Hemmung der Verjährung des Anspruchs des Leasinggebers auf Zahlung der Leasingraten nach § 205 BGB wirkt auch gegen den Bürgen, der sich verpflichtet hat, für die Verbindlichkeiten des Leasingnehmers aus dem Leasingvertrag einzustehen.
BGH, Urt. v. 16.9.2015 – VIII ZR 119/14
Sachverhalt
Die klagende Leasinggesellschaft macht die Verurteilung des Bekl. zu 1 zur Zahlung der Leasingraten und des Bekl. zu 2 aus einer hierfür übernommenen Bürgschaft geltend. Der Streit der Parteien dreht sich allein darum, ob die Ansprüche verjährt sind. Die Leasinggesellschaft hatte mit der Bekl. zu 1 einen Leasingvertrag über eine EDV-Anlage für deren physiotherapeutische Praxis mit einer Vertragsdauer von 36 Monaten geschlossen. Die Leasingraten waren monatlich im Voraus zu entrichten und am zweiten Kalendertag jedes Monats fällig. Unter § 3 Abs. 3 S. 3 und 4 bestimmte der Leasingvertrag:
"Darüber hinaus steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht zu, sobald er wegen eines Mangels des Mietgegenstands Wandlungsklage gegenüber dem Lieferanten des Mietgegenstands erhoben hat. Die zurückbehaltenen Mieten sind bei Gericht zu hinterlegen."
§ 4 der Leasingbedingungen der Kl. sah u.a. vor, dass der Kl. der Bekl. zu 1 Nacherfüllungs- und Schadensersatzansprüche wegen etwaiger Mängel der Leasingsache abtritt und die Bekl. zu 1 die Abtretung annimmt. Der beklagten Leasingnehmerin wurde die Verpflichtung auferlegt, diese Ansprüche unmittelbar gegenüber der Lieferantin geltend zu machen. Die Bekl. wurde weiterhin ermächtigt, Rücktritts- und Minderungsrechte gegenüber der Lieferantin zu verfolgen. Im Gegenzug wurde die Mängelhaftung der Kl. aus dem Leasingvertrag ausgeschlossen. Der Bekl. übernahm eine selbstschuldnerische Bürgschaft für alle Ansprüche, die der Kl. aus dem Leasingvertrag gegen die Bekl. zu 1 zustanden.
Die Bekl. zu 1 stellte ab Mai 2005 die Zahlung der Leasingraten wegen behafteter Sachmängel der geleasten Anlage ein. Am 13.5.2005 erklärte sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit der am 8.7.2005 eingegangenen und am 23.7.2005 zugestellten Klage verlangte die Bekl. zu 1 von der Lieferantin der EDV-Anlage die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Gegenüber der Kl. berief sich die Bekl. zu 1 darauf, dass die Zahlungspflicht nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kl. ruhe, sobald gerichtliche Maßnahmen gegen die Lieferantin eingeleitet seien.
Die Klage der Bekl. zu 1 gegen die Lieferantin wurde in zweiter Instanz abgewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Bekl. zu 1 wurde durch Beschl. v. 16.10.2012 zurückgewiesen.
Gegen die Klage haben die Bekl. die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg. Auf die Berufung der Bekl. hat das BG die Klage abgewiesen. Die Revision der Kl. hatte im Wesentlichen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[16] "… II. Die Kl. hat gegen die Bekl. zu 1 nach § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. dem Leasingvertrag und gegen den Beklagen zu 2 nach § 765 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung der rückständigen Leasingraten i.H.v. 44.321,42 EUR nebst Verzugszinsen. Rechtsfehlerhaft ist das BG zu der Auffassung gelangt, die Ansprüche der Kl., deren Umfang nicht im Streit ist, seien verjährt (§ 214 Abs. 1 BGB)."
[17] 1. Die Verjährung des Anspruchs gegen die Bekl. zu 1 auf Zahlung rückständiger Leasingraten, der der dreijährigen Regelverjährung nach § 195 BGB unterfällt, war bei Erhebung der vorliegenden Klage am 2.12.2011 wegen Verjährungshemmung (§ 20...