Ansprüche des Käufers gegen den Hersteller eines Diesel-Pkw mit manipulierten Abgaswerten auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags können aus einer zwischen den Parteien bestehenden Herstellergarantie nicht hergeleitet werden, da diese als Haltbarkeitsgarantie ausschließlich auf Mangelbeseitigung gerichtet ist. Damit verbleiben gegen den Hersteller ausschließlich zu prüfende deliktische Ansprüche (vgl. Revilla, zfs 2016, 10, 13).
1. Die Manipulation der Emmissionstests auf Prüfständen entgegen dem ausdrücklichen Verbot in Art. 5 Abs. 2 in der Fahrzeugemmissionen-VO der EU (VO (EG) 715/2007 – ABl EG L 721 v. 19.6.2007, S. 1) dürfte heute unstreitig sein. Der Einsatz einer Abschalteinrichtung auf dem Prüfstand, der die Abgaskontrolleinrichtung außer Kraft setzte, war nach der VO verboten und ist von der VW AG zugestanden worden (vgl. Pressemitteilung der VW AG v. 15.10.2015, abrufbar unter http://www.volkswagen.com; vgl. auch Lüftenegger, DAR 2016, 122, 123; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn 1895 a).
2. Bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB ist zunächst auf die mit der Abgasuntersuchung beauftragten Beschäftigten abzustellen (vgl. Riehm, DAR 2016, 12). Diese lässt sich dahin umschreiben, dass dem Kunden jedenfalls vorgespiegelt worden ist, die erlangte Typengenehmigung sei mit Recht erteilt worden, weil die Abgasnorm erfüllt sei (Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 1895 b). Ansatzpunkte für einen Zweifel an dieser Feststellung können sich dann ergeben, wenn die prüfenden Mitarbeiter die Unrichtigkeit der Erklärung nicht kannten, wobei allerdings eine Überwindung dieses Bedenkens durch die Annahme einer mittelbaren Täterschaft ausgeräumt werden kann, wenn die prüfenden Mitarbeiter von Dritten gesteuert wurden (vgl. Riehm, a.a.O., S. 13; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 1895 b).
Zweifelhaft ist auch das zur Erfüllung des § 263 StGB zu prüfende Erfordernis der Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung. Zugespitzt ist damit zu untersuchen, ob die Zuteilung der Typengenehmigung und das Bestehen des Abgastests ein ausschlaggebendes Kaufkriterium gewesen ist (zweifelnd Riehm, a.a.O., S. 13). Da für Neufahrzeugkäufer nach einer publizierten Umfrage Umweltschutz und Umweltverträglichkeit erst auf 15. Stelle rangieren (vgl. DAT-Report 2016, 36, 37), muss im Einzelfall schon ein ökologisch besonders interessierter Käufer "Opfer" der Täuschungshandlung geworden sein.
Die größte Schwierigkeit bei der Prüfung des § 263 StGB – wie auch bei den übrigen deliktischen Anspruchsgrundlagen – wirft die Frage auf, ob die – unterstellte – Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen des § 263 StGB zu einem Schaden des Käufers geführt hat. Das lässt sich auf die Formel zurückführen, ob der Käufer aus dem Bestand seines Vermögens wegen der Täuschung mehr weggegeben als erhalten hat (vgl. BGH NJW 2004, 2603; BGHSt 16 220; Reinking/Eggert, a.a.O. Rn 1895g; Riehm, a.a.O., S. 13). Die Ermittlung des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erzielbaren Marktpreises ist durch Beweisaufnahme erforderlich. Entbehrlich ist diese Feststellung nicht, legt man mit Recht zugrunde, dass die Manipulation des Abgaswertes von Stickoxiden zu einem Sachmangel geführt hat. Wäre selbst bei Kenntnis der Abgasproblematik zum Zeitpunkt des Kaufes der Kaufpreis realistisch gewesen, war das Kfz seinen Preis wert, ein Schaden jedenfalls nicht zu bejahen. Revilla ist dahin beizupflichten, dass ein Käufer angesichts höherer unzulässiger Stickstoffwerte nicht um seinen Schlaf gebracht wird (vgl. Revilla, zfs 2016, 10). Ob der Einsatz der Abschalteinrichtung und die Täuschung über Abgaswerte einen niedrigeren Wiederverkaufswert der Sache und eine Vermögensgefährdung zur Folge haben, die als Schaden zu qualifizieren sind, erscheint gleichfalls zweifelhaft.
Aufgrund eigener Sachkunde wird das ein Richter nicht beantworten können. Ungeklärt ist es, ob die Beseitigung der Software zu einer Leistungseinbuße oder zu höherem Kraftstoffverbrauch führt (ablehnend m.w.N. Heimgärtner, DAR 2015, 622, 624). Jedenfalls ist die Gebrauchstauglichkeit der betroffenen Fahrzeuge nicht beeinträchtigt, die Fahrzeuge sind verkehrssicher und in ihrer Funktion nicht eingeschränkt (vgl. Homepage des KBA v. 16.10.2016 – http://kba.de/DE/EHome/infotext.startseite_VW-komplett.htm ). Wegen der zeitlichen Begrenzung der etwaigen Gewährleistungsrechte und der Rückrufaktion von VW (dazu Lüftenegger, DAR 2016, 122 ff.) dürfte auch daraus ein Schaden des Käufers nicht abzuleiten sein (vgl. Reinking/Eggert, a.a.O. Rn 1895k).
3. Der Nachweis der Schädigungsabsicht und der Bereicherungsabsicht bereitet deshalb Schwierigkeiten, weil der beim Abschluss des Kaufvertrages handelnde Händler nicht "eingeweiht" ist, so dass es zum Nachweis der Zurechnung etwaiger Beschäftigter des Markenvorstands oder des Konzernvorstands detaillierter Darlegung bedarf (Reinking/Eggert, a.a.O. Rn 1895l). Hierzu wird auf das unten Dargestellte zur Zurechnung zu Lasten der Bekl. verwiesen.
4. Bei der Prüfung ein...