StVO § 3
Leitsatz
1. Durch Verwaltungsvorschriften ist in Baden-Württemberg seit dem 1.7.2015 kein bestimmter Abstand zwischen dem die Geschwindigkeitsbeschränkung anordnenden Verkehrszeichen und der Messstelle mehr vorgeschrieben. Ob dieser Abstand Einfluss auf die Bewertung des Verstoßes hat, ist danach einzelfallabhängig und deshalb keine Grundlage für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.
2. Schrittgeschwindigkeit (Zeichen 325.1) lässt keine höhere Geschwindigkeit als 7 km/h zu.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.1.2018 – 2 Rb 9 Ss 794/17
Sachverhalt
Das OLG Karlsruhe hat den Antrag des Betr., gegen das Urteil des AG die Rechtsbeschwerde zuzulassen, als unbegründet verworfen.
2 Aus den Gründen:
Im angefochtenen Urteil ist lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 100 EUR festgesetzt worden. Nach § 80 Abs. 1 und 2 Nr. 1 OWiG darf daher die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der (Gen)StA Karlsruhe in ihrer Antragsschrift vom 28.11.2017 Bezug.
Ergänzend bemerkt der Senat:
1. Die mit der Antragsbegründung aufgeworfene Frage, welche Bedeutung der Einhaltung verwaltungsrechtlicher Vorschriften für die Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen zukommt, gebietet die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts (§ 80 Abs. 2 OWiG) nicht, weil sie für die Entscheidung ohne Bedeutung ist. Soweit sich der Betr. dazu auf die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums für die Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei (VwV-VkSA) vom 19.12.2006 beruft, nach der bei Geschwindigkeitsmessungen grds. ein Abstand von 150 Metern zu dem die Geschwindigkeit beschränkenden Verkehrszeichen eingehalten werden sollte, lässt dies nämlich außer Acht, dass – worauf bereits das AG hingewiesen hat – die VwV-VkSA mit Wirkung vom 1.7.2015 neu erlassen wurde (GABl 2015, S. 388) und in der Neufassung die Einhaltung eines bestimmten Abstands der Messstelle zu dem die Beschränkung anordnenden Zeichen nicht mehr vorgeschrieben ist. Ob dieser Abstand geeignet ist, die Bewertung der Tat zu beeinflussen, ist danach eine nicht verallgemeinerungsfähige Frage des Einzelfalls.
2. Im Übrigen hat sich das AG im angefochtenen Urteil mit dieser Frage unter Berücksichtigung des Vorbringens des Betr. – soweit entscheidungserheblich – auseinandergesetzt, sodass auch der Zulassungsgrund des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG nicht gegeben ist.
3. Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, ist abschließend darauf hinzuweisen, dass die durch Zeichen 325.1 angeordnete Schrittgeschwindigkeit nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Köln VRS 69, 382 OLG Brandenburg DAR 2005, 570 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.4.2004 – 1 Ss 159/03, juris) keine höhere Geschwindigkeit als 7 km/h gestattet.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird daher nach § 80 Abs. 4 S. 1 und 3 OWiG verworfen. Damit gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 4 S. 4 OWiG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG. … “
zfs 6/2018, S. 353