BGB § 199 § 291 S. 1
Leitsatz
1. Die Verpflichtung des Schuldners einer Geldschuld zu deren Verzinsung ab Rechtshängigkeit stellt eine materielle Wirkung der Rechtshängigkeit dar, die der Schuldner als Risikozuschlag deshalb zu entrichten hat, weil er sich auf den Prozess eingelassen hat und unterlegen ist.
2. Der Anspruch auf Prozesszinsen entsteht bereits in dem Augenblick der Rechtshängigkeit.
3. § 291 BGB ist auf den unbezifferten Schmerzensgeldanspruch anwendbar. Das ergibt sich daraus, dass der schließlich zuerkannte Betrag von Anfang an geschuldet war, seine zuerkannte Höhe durch das Urteil nur ausgesprochen worden ist.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.7.2017 – I-1 U 167/16
Sachverhalt
Die Parteien streiten über einen Zinsanspruch aus einem Schmerzensgeld.
Der Kl. wurde bei einem Verkehrsunfall am 16.1.2008 verletzt. Gegenüber der Rechtsvorgängerin der beklagten Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs des Unfallgegners machte er einen Vorschuss auf das Schmerzensgeld von 10.000 EUR im Jahre 2008 gelten. Seine Klage auf Ersatz des ihm aus dem Unfall erwachsenen materiellen Schadens und auf Schmerzensgeld gegen den Fahrer des Fahrzeugs des Unfallgegners und dessen damalige Haftpflichtversicherung ohne Zinsforderung bzgl. des Schmerzensgelds wurde am 27.8.2008 rechtshängig.
Das LG wies die Schmerzensgeldklage ab. Auf die Berufung des Kl. wurde durch rechtskräftiges Urteil des OLG vom 9.12.2014 dem Kl. ein Schmerzensgeldanspruch von 20.000 EUR zuerkannt. Diesen Betrag zahlte die Bekl. am 30.1.2015.
Mit der Klage macht der Kl. nunmehr die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung von Prozesszinsen auf den Schmerzensgeldanspruch seit dem 27.8.2008 bis zum 30.1.2015 geltend. Zur Begründung hat er angeführt, der Anspruch auf Prozesszinsen entstehe erst mit Rechtskraft des das Schmerzensgeld zusprechenden Urteils. Unter Berücksichtigung einer Zahlung der Bekl. von 1.497,19 EUR hat der Kl. einen Betrag von 5.283,47 EUR gefordert.
Die Bekl. hat Zinsansprüche für die Zeit bis zum Ende des Jahres 2011 für verjährt gehalten und mit ihrer Zahlung auf die Prozesszinsen – errechnet aus einem Betrag von 10.000 EUR – den in dieser Höhe noch bestehenden Anspruch des Kl. für erfüllt gehalten.
Das LG hat den Anspruch in voller Höhe bejaht. Die Verjährung des Anspruchs habe erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des OLG über den Schmerzensgeldanspruch zu laufen begonnen. Erst dann stünden Beginn und Ende des Zinszeitraumes fest.
Die Berufung der Bekl. hatte überwiegend Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet. Die Bekl. rügt zu Recht, dass das LG dem Kl. Zinsen aus dem Schmerzensgeldbetrag auch für den Zeitraum bis zum 31.11.2011 zuerkannt hat. Der Anspruch auf Zahlung der bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Zinsen ist verjährt. Entgegen der Ansicht des LG beginnt die Verjährungsfrist hinsichtlich des Anspruchs auf Prozesszinsen gem. § 291 BGB nicht erst ab Rechtskraft der Entscheidung, sondern bereits mit der Rechtshängigkeit der Hauptforderung zu laufen."
Für die Zeit vom 1.1.2012 bis zum 30.1.2015 schuldet die Bekl. allerdings Prozesszinsen aus dem zuerkannten Schmerzensgeldbetrag von 20.000 EUR und nicht nur aus 10.000 EUR. Abzgl. der geleisteten Zahlung der Bekl. bleibt daher ein restlicher Zinsanspruch i.H.v. 1.408,07 EUR. Insoweit unterliegt die Berufung der Zurückweisung.
Im Einzelnen ist folgendes auszuführen:
1. Für den Zeitraum bis zum 31.12.2011 sind die Zinsansprüche verjährt. Insoweit hat die von der Bekl. erhobene Einrede der Verjährung Erfolg. Sowohl der Anspruch auf Verzugszinsen als auch der Anspruch auf Prozesszinsen sind im Jahr 2008 entstanden. Sie unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB. Die Verjährung war damit mit Ablauf des 31.12.2011 eingetreten.
a) Ansprüche auf Nebenleistungen, wie insbesondere Zinsen, sind hinsichtlich des Verjährungsbeginns, der Dauer der Verjährung, der Hemmung und des Neubeginns der Verjährung von der Verjährung des Hauptanspruchs unabhängig. Sie verjähren nur gem. § 217 BGB spätestens mit dem Hauptanspruch (vgl. Palandt/Ellenberger, 76. Aufl., § 217 Rn 1).
Für den Anspruch auf vertragliche oder gesetzliche Zinsen gilt die Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB (Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 195 Rn 5).
b) Der Senat kann der Auffassung des LG, dass der Anspruch auf Prozesszinsen gem. § 291 BGB erst mit Rechtskraft der Entscheidung entsteht, mit der Folge, dass die Verjährung hier erst mit Ablauf des Jahres 2015 begonnen hätte, nicht folgen.
aa) Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Der Anspruch ist dann entstanden, sobald er im Wege einer Klage erstmals geltend gemacht werden kann (vgl. BGHZ 55, 340). Der Anspruch muss grds. fällig sein. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass der Berechtigte diesen Anspruch auch ber...