[2] “… I. Das BG ist der Auffassung, der Kl. könne für die Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten lediglich eine 1,3-Gebühr gem. Nr. 2300 VV RVG in Ansatz bringen, die aus einem Gegenstandswert von 5.330,54 EUR, dem vom LG zuerkannten Betrag, zu berechnen sei. Die 1,3-Gebühr könne der Rechtsanwalt bei durchschnittlichen Verkehrsunfallsachen regelmäßig ohne nähere Darlegungen verlangen. Anhaltspunkte dafür, dass es sich im vorliegenden Fall um eine unterdurchschnittlich schwierige Angelegenheit handele, lägen nicht vor. Eine höhere Gebühr als 1,3 könne der Kl. jedoch nicht erstattet verlangen. Bei der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG handele es sich um eine Rahmengebühr i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG. Sei die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, sei die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 S. 4 RVG nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei. Die von dem Prozessbevollmächtigten des Kl. berechnete Gebühr von 1,5 sei unbillig. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimme der Rechtsanwalt die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände nach billigem Ermessen. Es sei dabei allerdings anerkannt, dass dem Rechtsanwalt bei dieser Ermessensausübung ein Toleranzspielraum von jedenfalls 20 % einzuräumen sei. Der BGH habe in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass im Hinblick auf den genannten Toleranzspielraum eine Erhöhung bei durchschnittlichen Rechtssachen auf eine 1,5 Gebühr einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen sei. Dieser Auffassung sei jedoch nicht zu folgen. Vielmehr lasse die Anmerkung Nr. 2300 VV RVG bei durchschnittlichen Sachen eine höhere Gebühr als 1,3 nicht zu. Nach dieser Anmerkung könne eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig sei. Diese Regelung begrenze deshalb den in § 14 Abs. 1 S. 1 und S. 4 RVG dem Rechtsanwalt eingeräumten Ermessensspielraum dahingehend, dass die 1,3-Gebühr nicht überschritten werden dürfe, wenn die Tätigkeit nicht umfangreich oder schwierig sei.
[3] II. Die Beurteilung des BG hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
[4] 1. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt bei Rahmengebühren, zu denen die Geschäftsgebühr i.S.d. Nr. 2300 VV RVG zählt, der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, 'nach billigem Ermessen'. Ist die Gebühr – wie hier – von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nach § 14 Abs. 1 S. 4 RVG (nur dann) nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Dabei steht dem Rechtsanwalt nach überwiegender Meinung auch im Anwendungsbereich des RVG ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 % zu (vgl. BGH zfs 2007, 102 m. Anm. Hansens = AGS 2007, 28 m. Anm. Schons = RVGreport 2007, 21 (Hansens); BGH zfs 2011, 402 m. Anm. Hansens = RVGreport 2011, 136 (Hansens) = AnwBl. 2011, 402; Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., § 14 Rn 12; AnwK-RVG/Onderka, 5. Aufl., § 14 Rn 80 ff. m.w.N.; Winkler, in: Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 14 Rn 54 m.w.N.; Römermann, in: Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rn 89 f.). Hält sich der Anwalt innerhalb dieser Grenze und ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit unterdurchschnittlich war, ist die von ihm festgelegte Gebühr jedenfalls nicht i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unbillig und daher von dem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen (BGH zfs 2007, 102 und zfs 2011, 402). Da nach den Feststellungen des BG Anhaltspunkte dafür, dass es sich vorliegend um eine unterdurchschnittlich schwierige Angelegenheit handelt, nicht vorliegen, hält sich die Erhöhung der Regelgebühr um 0,2 innerhalb der Toleranzgrenze und ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.
[5] 2. Die vom BG und anderen OLG (vgl. OLG Jena RVGreport 2005, 145 (Hansens) = AGS 2005, 201 m. Anm. N. Schneider und OLG Celle zfs 2012, 105, 106 m. Anm. Hansens) hiergegen geäußerten Bedenken geben zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Nach der gesetzlichen Regelung des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG steht dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr ein Ermessensspielraum zu. Dieser wird nicht – wie das BG meint – dadurch nach oben begrenzt, dass die Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG bei nicht umfangreichen oder schwierigen Sachen eine Regelgebühr von 1,3 vorsieht. Der Ermessensspielraum betrifft nämlich auch die unter Umständen schwierige Beurteilung der Frage, was im Einzelfall “durchschnittlich' ist. Sind Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch nicht gegeben, ist die Bestimmung hinzunehmen. Müsste der Rechtsanwalt nach der Auffassung des BG stets bei jeder geringfügigen Überschreitung der Regelgebühr Umstände darlegen, welche zwingend die Annahme einer überdurchschnittlichen Tätigkeit rechtfertigen, käme ein Ermessensspielraum nach oben bei durchschnittlichen Tätigkeiten von vornherein nicht in Betracht.
[6] 3. Zudem macht die Revision mit Recht geltend...