[9] “… Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Frage, ob der Bekl. der Kl. auf den unstreitigen Nettobetrag des geltend gemachten Fahrzeugminderwerts auch Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG i.H.v. 1.295,33 EUR zu erstatten hat. Diese Frage ist mit dem BG zu verneinen, weil die Kl. selbst insoweit keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat.
[10] 1. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Sonstige Leistungen sind gem. § 3 Abs. 9 S. 1 UStG Leistungen, die keine Lieferungen sind. Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer bei Lieferungen und sonstigen Leistungen ist das vereinbarte Entgelt (§ 10 Abs. 1 S. 1 UStG). Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 S. 2 UStG). Diese Vorschriften beruhen auf den Bestimmungen der Umsatzsteuer-Richtlinie. Gem. deren Art. 2 Nr. 1 unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt. Als Dienstleistung gilt nach Art. 6 Abs. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinie jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands i.S.d. Art. 5 ist. Besteuerungsgrundlage ist bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen gem. Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Umsatzsteuer-Richtlinie alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll.
[11] Nach der st. Rspr. des EuGH wird eine Leistung nur dann i.S.v. Art. 2 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinie gegen Entgelt erbracht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Leistung bildet (zuletzt Urt. v. 16.12.2010 – Rs. C-270/09 DStR 2011, 119 Rn 16 m.w.N. – Mcdonald Resort Ltd.). Dem haben sich der Bundesfinanzhof (zuletzt BFH DStR 2010, 2184, 2185 m.w.N.) und der BGH (zuletzt Senatsurt. v. 14.3.2007 – VIII ZR 68/06, WM 2007, 990 Rn 12 m.w.N.) angeschlossen. Dazu muss zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (EuGH, Urt. v. 18.7.2007 – Rs. C-277/05, Slg. 2007, I-6415 Rn 19 m.w.N. – Société thermale d'Eugénie-les-Bains), wobei sich in erster Linie nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis bestimmt, ob die Leistung des Unternehmers derart mit der Zahlung verknüpft ist, dass sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet (BFH, a.a.O. m.w.N.).
[12] Demgegenüber sind so genannte Entschädigungen oder Schadensersatzzahlungen kein Entgelt i.S.d. Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und seine Folgen einzustehen hat (Senatsurt. v. 14.3.2007 – VIII ZR 68/06, a.a.O. Rn 13 m.w.N.; BFH, a.a.O.). Die Entscheidung darüber, ob es sich steuerrechtlich um nicht umsatzsteuerpflichtigen echten Schadensersatz oder um eine steuerbare sonstige Leistung handelt, hängt davon ab, ob die Zahlung mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, ob also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Grundlage des Leistungsaustauschs ist dabei eine innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung im Sinne eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Leistung und dem erhaltenen Gegenwert. Maßgebend ist insoweit der tatsächliche Geschehensablauf. Lässt dieser erkennen, dass die “Ersatzleistung' die Gegenleistung für eine empfangene Lieferung oder sonstige Leistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG darstellt, liegt keine nichtsteuerbare Schadensersatzleistung, sondern steuerpflichtiges Entgelt vor (Senatsurt. v. 14.3.2007 – VIII ZR 68/06, a.a.O. m.w.N.).
[13] 2. In Übereinstimmung damit wird in der höchstrichterlichen Rspr. angenommen, dass Schadensersatzleistungen, die der Leasingnehmer nach außerordentlicher Kündigung des Leasingvertrages zu erbringen hat, ohne Umsatzsteuer zu berechnen sind, weil ihnen – infolge der durch die Kündigung des Leasingvertrages bewirkten Beendigung der vertraglichen Hauptleistungspflicht des Leasinggebers – eine steuerbare Leistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG nicht gegenübersteht und der Leasinggeber deshalb Umsatzsteuer auf sie nicht zu entrichten hat (BGH, Urt. v. 11.2.1987 – VIII ZR 27/86, WM 1986, 562 unter 1c; v. 11.5.1988 – VIII ZR 96/87, BGHZ 104, 285, 291; v. 22.10.1997 – XII ZR 142/95, WM 1998, 609 unter II 1b bb; v. 14.3.2007 – VIII ZR 68/06, a.a.O. Rn 14 f. m.w.N. zum Meinungsstand; BFHE 178, 485, 489 f.). Denn der Schadensersatz, den der Leasingnehmer nach einer von ihm schuldhaft veranlassten außerordentlichen Kündigung de...