VVG § 28 Abs. 1; SVFP § 9 1.2.1.
Leitsatz
1. Steht ein Gebäude leer, so ist es auch dann nicht genutzt, wenn Renovierungsarbeiten ausgeführt werden.
2. Werden in einem leer stehenden Gebäude obliegenheitswidrig Wasser führende Leitungen nicht entleert, so ist eine Kürzung der Entschädigung um mindestens 50 % gerechtfertigt.
LG Frankfurt am Main, Urt. v. 27.2.2012 – 1-08 O 273/11
Sachverhalt
Die Kl. begehren von der Bekl. weitere Leistungen aus einem Gebäudeversicherungsvertrag aufgrund eines Wasserschadens vom 11.12.2010. Sie sind Eigentümer der Liegenschaft R in H. Für diese Liegenschaft bestand bei der Bekl. seit August 2009 ein Gebäudeversicherungsvertrag, dem die SVFP 2008 zugrunde lagen. Das dreigeschossige Gebäude stand – bis auf einen Büroraum im Erdgeschoss – seit Dezember 2009 leer, da es die Kl. nach und nach sanieren wollten.
Am 11.12.2010 kam es im ersten Stock eines nicht genutzten Büros des Gebäudes zu einem Wasserschaden. Zum Schaden kam es, weil eine Toilette in der ersten Etage verstopft war und die Wasserspülung ständig gelaufen ist. Hierdurch ist das Wasser aus der Toilette ausgetreten und hat die gesamten Räume überschwemmt. Zudem musste im Erdgeschoss der Gussasphalt entfernt werden (130 qm), im Obergeschoss eine Estrichtdämmschichtentrocknung und in zwei Räumen das Laminat entfernt werden. Die Bekl. Regulierte den Schaden unter Berücksichtigung einer Kürzungsquote von 50 %.
Die Kl. behaupten, zum Zeitpunkt des Schadenseintritts seien über mehrere Monate Handwerker zur Reparatur des Dachs tätig gewesen. Diese hätten täglich das gesamte erste Stockwerk sowohl zum Wasserholen als auch für Toilettengänge genutzt.
2 Aus den Gründen:
“… Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Kl. haben gegen die Bekl. keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Versicherungsleistungen aus § 1 VVG i.V.m. dem Versicherungsvertrag. Zwar ist ein versicherungspflichtiger Leitungswasserschaden eingetreten. Die Kl. haben jedoch gegen ihre vertraglichen Obliegenheiten aus § 9, 1.2.1 SVFP 2009 verletzt, indem sie nicht dafür sorgten, nicht genutzte Gebäude genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Die Kl. handelten insofern in einer Weise, die die Grenze der groben Fahrlässigkeit zum Eventualvorsatz tangiert. Der Bekl. stand deshalb das Recht zur Leistungskürzung gem. § 28 Abs. 2 S. 2 VVG zu.
Die Kl. haben gegen die Sicherheitsvorschrift des § 9, 1.2.1. SVFP 2009 verstoßen. Diese Klausel verlangt bei nicht genutzten Gebäuden oder Gebäudeteilen, diese genügend häufig zu kontrollieren und alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, d.h., es ist in jedem Fall das Entleeren der Leitungen erforderlich (OLGR Celle 2007, 544; OLG Köln VersR 2003, 1034; OLG Hamm VersR 1999, 1146). Das kann nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift weder durch eine genügend häufige Kontrolle noch durch irgendeine Form von Beheizen ersetzt werden. Dies lassen die Kl. in ihrer rechtlichen Argumentation außer Betracht, wenn sie u.a. auch auf eine ordnungsgemäße Kontrolle das Objekts durch Handwerker abstellen. Gegen diese Pflicht haben die Kl. verstoßen, weil sie in dem versicherten Gebäude in den leer stehenden Büroräumen die wasserführenden Leitungen und Einrichtungen nicht abgesperrt und entleert hatten, obwohl das gesamte Gebäude – bis auf ein Büro im Erdgeschoss – seit Dezember 2009 nicht mehr zu Wohn- bzw. Geschäftszwecken genutzt wurde.
Eine die Anwendung der Vorschrift ausschließende Nutzung des Gebäudes fand auch nicht dadurch statt, dass die Kl. nach ihrem Vortrag in den unstreitig seit einem Jahr unbewohnten bzw. nicht vermieteten Räumen Renovierungsarbeiten haben durchführen lassen. Gebäude werden nicht genutzt, wenn darin weder Wohnungen, noch Geschäfte, Betriebe oder Lager unterhalten werden, also wenn ein Gebäude nicht zu seinem bestimmungsgemäßen Zweck verwendet wird. Diese Voraussetzungen waren bei Eintritt des Schadensfalles erfüllt. Das Gebäude stand seit Dezember 2009 weitgehend leer.
Unerheblich ist insoweit die pauschale Behauptung der Kl., in dem Gebäude seien täglich Handwerker anwesend gewesen, die auch die Toilette in der 1. Etage genutzt hätten. Das Durchführen von Renovierungsarbeiten in einem leer stehenden Bürogebäude führt nicht dazu, dass es als genutztes Gebäude anzusehen ist, es bleibt vielmehr ungenutzt. Arbeiten im Zusammenhang mit einer Renovierung bedeuten für sich allein genommen noch keine 'Benutzung' (OLG Stuttgart VersR 1989, 958; OLGR Celle 2007, 544; OLG Frankfurt zfs 2003, 601 … ). Auch Sinn und Zweck der Sicherheitsvorschrift bestätigt diese Auslegung, da gerade in leer stehenden Gebäuden das erhöhte Risiko besteht, dass beispielsweise durch Materialermüdung oder Vandalismus Leitungswasser über einen längeren Zeitraum unbemerkt austritt. Gerade diesem Risiko will die Sicherheitsvorschrift vorbeugen. …
Auch soweit die Kl. vortragen, Handwerker seien tä...