Das KG Berlin[68] hatte den Klassiker zu entscheiden, dass zum Nachteil des Betroffenen nur Beweismittel verwertet werden dürfen, die entweder im Bußgeldbescheid aufgeführt, ihm mit der Ladung mitgeteilt oder vor der Verhandlung bekannt gemacht worden sind. Ggf. muss der Richter die Verhandlung unterbrechen oder aussetzen und den Betroffenen und dessen Verteidiger entsprechend unterrichten.[69] Ist eine Verhandlung auf mehrere Termine angesetzt, beinhaltet dies auch die Mitteilung vorab darüber, an welchem Termin welcher Zeuge bzw. Sachverständige geladen worden ist und vernommen werden soll.

Das OLG Karlsruhe[70] stellte klar, dass der Entbindungsantrag nicht mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass beabsichtigt sei, in der Hauptverhandlung einen rechtlichen Hinweis zu erteilen, da § 74 Abs. 1 S. 3 OWiG es ausdrücklich genügen lässt, im Verfahren bei (erlaubter) Abwesenheit des Betroffenen dem Verteidiger einen rechtlichen Hinweis zu geben.

Das OLG Koblenz[71] hatte eine interessante Mischkonstellation zwischen § 74 Abs. 1 und Abs. 2 OWiG zu entscheiden. Der Betroffene hatte offenbar einen erfolgreichen Entbindungsantrag gestellt, wollte dann aber doch am Termin teilnehmen und diesen aufgrund eines Entschuldigungsgrundes verlegen lassen. Das Amtsgericht hatte den Verlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt, so das OLG Koblenz: Nach herrschender Auffassung darf die Hauptverhandlung bei zulässiger Entbindung des Betroffenen von der Anwesenheitspflicht auch im Fall des entschuldigten Ausbleibens (trotz Entbindung) nicht durchgeführt werden, weil das Anwesenheitsrecht durch die Befugnis, sich gem. § 73 Abs. 3 OWiG vertreten zu lassen, nicht eingeschränkt wird.

[69] OLG Stuttgart, zfs 2010, 48.
[70] OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.4.2013 – 3 (4) SsRs 153/13 – juris = zfs 2013, 653.
[71] OLG Koblenz, Beschl. v. 23.10.2013 – 2 SsRs 90/13 – juris.

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