1
Neben der Fortsetzung der Artikel aus den Jahren 2012 und 2013 zur Rechtsprechung der Gerichte zu §§ 73 und 74 OWiG soll in diesem Jahr zusätzlich ein Blick auf andere Entscheidungen geworfen werden, die das gerichtliche Bußgeldverfahren in erster Instanz betreffen. Ausgespart wurde allerdings die Akteneinsicht, da hierzu bereits zahlreiche singuläre Beiträge erschienen sind. Neben einigen besonderen Konstellationen gerade im Bereich der Formalia von Protokoll und Urteil sind die Gerichte ohne nennenswerte Ausreißer geblieben, insbesondere was das Abwesenheitsverfahren und Verwerfungsurteil betraf.
A. §§ 67, 70 OWiG: Einlegung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid
Das OLG Bamberg war mit dem Problem der Einspruchseinlegung durch einen nicht betroffenen Dritten befasst. Auf die Sachrüge hin war das Urteil wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses, nämlich der Rechtskraft des Bußgeldbescheides, spätestens durch das Rechtsbeschwerdegericht aufzuheben. Der Einspruch des nicht betroffenen Dritten war, da von einem Unbefugten eingelegt, als unzulässig zu verwerfen, so auch das OLG Hamm. Relevant war beim OLG Hamm zudem die fehlende Eindeutigkeit des "Einspruchs": Der Schriftsatz des Verteidigers enthielt nur eine "Anregung" und weiter hieß es ausdrücklich, dass auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet werden könne, wenn der Bußgeldbescheid noch abgeändert werden würde. Daraus ergibt sich, so das OLG Hamm, dass der Betroffene mit diesem Schriftsatz gerade noch keinen Einspruch einlegen wollte. Hier fehlte es am Anfechtungswillen.
Mit einer sehr speziellen Problematik, mittels welcher Übertragungsmedien der Einspruch eingelegt werden kann, beschäftigten sich gleich zwei hessische Entscheidungen, sogar in einem Landgerichtsbezirk. Das AG Hünfeld entschied zu einer Einspruchseinlegung auf einem digitalen Zentralfax, dass mangels Ausdrucks des Einspruchs innerhalb von zwei Wochen die Frist nicht gewahrt gewesen sei. Das LG Fulda entschied sich dagegen für den Zeitpunkt des Eingangs der Daten. Der Ausdruck müsse auch nicht innerhalb der Einspruchsfrist erfolgen. Zur Vertiefung eignet sich die Lektüre der Anmerkung von Skrobotz.
B. § 68 OWiG: Gerichtszuständigkeit
Zur Prüfung der Gerichtszuständigkeit, § 68 OWiG, gab es zwei nahezu identische Entscheidungen des VG Augsburg. Dort wendete sich ein Betroffener gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Behörde, mit dem diese Bußgelder für Verkehrsordnungswidrigkeiten sowie Mahngebühren und Vollstreckungskosten hierfür beitreiben wollte. Die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen gegen Vollstreckungsmaßnahmen der Verwaltungsbehörde und der dafür gegebene Rechtsweg richten sich jedoch nach § 103 Abs. 1 Nr. 1 OWiG. Dies gilt sowohl für die Vollstreckung einer Bußgeldforderung als auch die Vollstreckung der Verfahrenskosten des Bußgeldverfahrens. Damit ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, nicht jedoch zu den Verwaltungsgerichten eröffnet.
C. § 69 OWiG: Zwischenverfahren
Eine die Norm des § 69 OWiG tangierende Entscheidung des LG Oldenburg befasste sich mit dem Entstehen der zusätzlichen Gebühr nach Nr. 5115 VV RVG. Dies erfordert lediglich eine Tätigkeit des Verteidigers, die die Erledigung des Verfahrens in irgendeiner Weise fördert. Hierzu ist eine besondere, gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Verteidiger durch seine Aktivitäten veranlasst hat, dass wie hier das Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt wird.
D. § 71 OWiG: Hauptverfahren, Protokoll und Urteil
Nachdem § 71 OWiG die Einstiegsnorm für nahezu alle Rechtsfragen des gerichtlichen Verfahrens in erster Instanz ist, sollen aus den vorhandenen Entscheidungen des Jahres 2013 diejenigen näher beleuchtet werden, die sich spezifisch mit Verfahrensvorgängen befasst haben.
I. Ablauf des Verfahrens und der Hauptverhandlung
Das AG Frankfurt (Oder) entschied, dass bei fehlender Anhörung des Betroffenen vor der gerichtlichen Beauftragung eines Sachverständigen eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht vorliegt, die gem. § 21 Abs. 1 S. 1 GKG zur Niederschlagung der Kosten führt. Zwar existiert kein allgemeiner Grundsatz, dass kostenverursachende Verfahrensmaßnahmen erst dann erfolgen dürfen, wenn der Betroffene hierüber informiert wurde. Dennoch wendet die Rechtsprechung i.d.R. § 21 GKG an, wenn vor Gutachtenseinholung kein rechtliches Gehör gewährt wurde.
Mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung war die Identifikation des Betroffenen. Das OLG Düsseldorf betonte, dass die Urteilsgründe so abgefasst sein müssen, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto überhaupt geeignet ist, die Identif...