ZPO § 120a § 124 Nr. 2
Leitsatz
Weist die Partei im Überprüfungsverfahren nach § 120a ZPO wirtschaftliche Belastungen nicht oder nicht ausreichend nach, rechtfertigt dies für sich genommen nicht die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach § 124 Nr. 2 ZPO; die Belastungen können vielmehr bei der Überprüfung der Prozesskostenhilfe außer Ansatz bleiben.
LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 6.5.2014 – 17 Ta 601/14
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Die Kl. hatte im PKH-Überprüfungsverfahren zwar die erforderlichen Angaben gemacht, jedoch zum Beleg ihrer geltend gemachten Belastungen keine Bescheinigung ihres Arbeitgebers zur dienstlichen Nutzung des Fahrzeugs und auch keine Belege über die Fahrkosten zur Arbeitsstelle und über weitere Privatschulden eingereicht. Hieraufhin hat das ArbG Berlin die der Kl. bewilligte Prozesskostenhilfe wieder aufgehoben. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Kl. hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[2] "… 1. Die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, hat nach § 120a Abs. 1 S. 3 ZPO (bis 31.12.2013: § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO) auf Verlangen des Gerichts jederzeit zu erklären, ob eine Änderung ihrer für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Auf diese Weise soll das Gericht in die Lage versetzt werden, ggf. die Entscheidung über zu leistenden Zahlungen zu ändern, § 120a Abs. 1 S. 1 ZPO. Wird die genannte Erklärung von der Partei nicht oder ungenügend abgegeben, soll das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, § 124 Nr. 2 ZPO. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Parteien einer im Grunde gebotenen Änderung der Zahlungsanordnungen entgehen, weil sie ihrer Mitteilungspflicht nicht genügen."
[3] 2. Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe ist im vorliegenden Fall erfolgt, weil die Kl. zuletzt eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers zur dienstlichen Nutzung des Fahrzeugs sowie Belege über die Fahrtkosten zur Arbeit und über weitere Privatschulden nicht eingereicht hat. Dies rechtfertigt die getroffene Aufhebungsentscheidung nicht. Die erfolgten Angaben der Kl. genügten, um eine Entscheidung über die Änderung der Zahlungsanordnungen zu treffen. Soweit die Kl. ihre Belastungen nicht belegt hat, kann dies in der Weise berücksichtigt werden, dass diese nicht zugunsten der Kl. in Ansatz gebracht werden (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 662 f.). Eine vollständige Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist jedoch nicht geboten. Ob die erfolgten Angaben eine Änderung der Zahlungsanordnungen rechtfertigen, bleibt der erneuten Entscheidung des ArbG vorbehalten. … “
3 Anmerkung:
Der Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg ist eine der ersten bekannt gewordenen Entscheidungen eines Obergerichts zur Anwendung des neu gefassten § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.
Das Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts (BGBl I 2013, S. 453 ff.) hat unter anderem die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe verschärft und die Möglichkeiten ihrer Aufhebung erleichtert. Dies hatte unter anderem seine Ursache darin, dass die Bundesländer die aus der Prozesskostenhilfe resultierenden und in den letzten Jahren erheblich angestiegenen finanziellen Belastungen reduzieren wollten.
Die früher in § 120 Abs. 4 ZPO a.F. enthaltenen Regelungen betreffend die Änderung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind in die Neufassung des § 120a ZPO übertragen worden. Dabei sind die Möglichkeiten der Änderung der Bewilligung erheblich ausgeweitet worden. Die Folgen unterlassener oder ungenügender Erklärungen der Partei, der PKH bewilligt worden ist, sind in § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO geregelt worden. Dabei ist die frühere "Kann-Vorschrift" in der ab 1.1.2014 geltenden Neufassung in eine "Soll-Vorschrift" geändert worden. Dies hat zur Folge, dass bei Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen im Grundsatz die Aufhebung der Prozesskostenhilfe geboten ist (siehe Musielak/Fischer, ZPO, 11. Aufl., § 124 Rn 2). Nur in atypisch gelagerten Einzelfällen kann ausnahmsweise von einer Aufhebung abgesehen werden (siehe die Begründung der Bundesregierung BT-Drucks 17/11472, S. 34).
Vorliegend hat das LAG Berlin-Brandenburg eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe zu Lasten der Kl. nicht als gerechtfertigt angesehen. Zwar kommt eine Aufhebung der PKH dann in Betracht, wenn angeforderte Belege nicht vorgelegt werden (Musielak/Fischer, a.a.O., § 124 ZPO Rn 6). Eine Aufhebung der PKH ist jedoch dann nicht gerechtfertigt, wenn lediglich – wie hier – Belastungen nicht vollständig dargelegt und/oder belegt worden sind. Diese Auffassung hatte bereits das OLG Saarbrücken FamRZ 2011, 662 zur bisherigen Fassung des § 124 ZPO vertreten. Zu Recht hat sich das LAG Berlin-Brandenburg auf den Standpunkt gestellt, dass in einem solchen Fall die nicht belegten Belastungen der bedürftigen Partei nicht zu deren Gunsten berücksichtigt werden könnten. Dies kann dann unter Umständen zu einer Änderung der ursprünglichen Zahlungsanordnung oder – bei ratenfreier Bewilligung von Prozesskostenhilfe – zu einer erstmaligen Zahl...