VVG § 86; ZPO § 265 § 269 Abs. 3
Leitsatz
1. Leistet der Kaskoversicherer nach Rechtshängigkeit einer Klage gegen den Schädiger Teilzahlungen, so tritt insoweit keine Erledigung der Hauptsache ein.
2. Leistet der Kaskoversicherer am Tag der Einreichung der Klage gegen den Schädiger, so ist über die Kostentragung nach billigem Ermessen zu entscheiden.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.12.2013 – 1 U 51/13
Sachverhalt
Der Kl. hat mit seiner vor dem LG anhängig gemachten Klage von dem Bekl. ursprünglich Schadensersatz i.H.v. gut 21.000 EUR aufgrund eines Verkehrsunfalls begehrt. Die Einstandspflicht des Bekl. für den am Klägerfahrzeug dabei entstandenen Schaden ist unstreitig.
Am Tag des Eingangs der Klage bei Gericht (29.8.2012) hat die Vollkaskoversicherung des Kl. eine Teilzahlung i.H.v. 17.414,37 EUR und am 17.10.2012 eine weitere i.H.v. 3.432,77 EUR geleistet.
Nachdem der Kl. ursprünglich begehrt hatte, 1. den Bekl. zu verurteilen, an den Kl. 21.767,76 EUR nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegende Zinsen hieraus seit 8.5.2012 zu bezahlen und 2. den Bekl. weiter zu verurteilen, außergerichtliche Kosten des Kl. i.H.v. 1.023,16 EUR nebst 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegende Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen, hat er nach den genannten Teilzahlungen in erster Instanz die Hauptsache insoweit – teilweise – für erledigt erklärt.
Das LG hat den Rechtsstreit i.H.v. 3.432,77 EUR für erledigt und die Klage i.H.v. 17.414,37 EUR für zurückgenommen erklärt.
2 Aus den Gründen:
" … Zu Recht wendet sich die Berufung – in der Hauptsache – dagegen, dass das LG in der angefochtenen Entscheidung in Tenor 1 … darauf erkannt habe, der Rechtsstreit habe sich infolge der unstreitigen, nach Rechtshängigkeit der Klage erfolgten Teilzahlung des Kasko-VR des Kl. i.H.v. 3.432,77 EUR (wegen der Mehrwertsteuer auf den Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Fahrzeugs des Kl., vgl. I 29) erledigt."
Denn der Erfolg einer – wie hier – einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Kl. erforderte nach gefestigter höchstrichterlicher Rspr. die Feststellung einer nach Rechtshängigkeit erfolgten Erledigung einer ursprünglich zulässigen und begründeten Klage. …
An Ersterem fehlte es jedoch hier. Zwar ging mit der entsprechenden Teilzahlung des Kaskoversicherers des Kl. gem. § 86 Abs. 1 VVG kraft Gesetzes der – kongruente – Schadensersatzanspruch des Kl. gegen den Bekl. auf die Kaskoversicherung über (so gen. cessio legis), so dass die Aktivlegitimation (Sachberechtigung) des Kl. entfiel und die unveränderte, d.h. weiterhin auf Zahlung an sich gerichtete Klage des Kl., in entsprechender Höhe nachfolgend als unbegründet abzuweisen gewesen wäre. § 265 ZPO, der hier – wie auch der Kl. zu Recht einräumt – einschlägig ist, sieht jedoch u.a. für den Fall einer Abtretung nach Rechtshängigkeit, und dabei anerkanntermaßen auch für eine solche kraft Gesetzes wie hier (vgl. BGH, NJW 2012, 3642 …), namentlich etwa die nach § 86 VVG (MüKo-ZPO/Becker-Eberhard, 4. Aufl. 2013, § 265, Rn 49), vor, dass dieselbe aus Gründen der Prozessökonomie auf den Ablauf des Prozesses grds. keinen Einfluss haben soll. Keine Partei soll sich durch Verfügungen ihrer Sachlegitimation begeben und damit den Gegner zu einem neuen Prozess gegen den Rechtsnachfolger nötigen dürfen. Daher zwingt § 265 Abs. 2 ZPO für den Fall, dass die subjektive Rechtskraft des Urteils sich gem. § 325 ZPO auf den Rechtsnachfolger erstreckt, den Rechtsvorgänger zur Fortführung des Prozesses in gesetzlicher Prozessstandschaft, d.h. zur Geltendmachung fremden Rechts im eigenen Namen, falls nicht der Rechtsnachfolger mit Zustimmung des Gegners die Parteirolle seines Vorgängers übernimmt. …
Letzteres ist hier unstreitig nicht erfolgt. Außerdem lag auch gem. § 86 Abs. 1 VVG eine Rechtsnachfolge kraft Gesetzes vor, mit der Folge einer Rechtskrafterstreckung gem. § 325 ZPO. …
Die Klage des Kl. wurde in Höhe der nach Rechtshängigkeit erfolgten Zahlung des Kaskoversicherers i.H.v. 3.432,77 EUR mithin nicht etwa infolge eines Entfalls der Prozessführungsbefugnis des Kl. unzulässig oder wegen Wegfalls der Aktivlegitimation unbegründet (vgl. zur Differenzierung: Musielak-Weth, ZPO, § 51 ZPO, Rn 15). Vielmehr war der Kl. berechtigt und – gem. Vorstehendem – auch verpflichtet, seine Zahlungsklage weiterzuführen, jedoch auf eine Zahlung an den VR umzustellen (vgl. BGH, NJW 2012, 3642, Rn 8; KG, NZV 2009, 240; OLG Brandenburg BeckRS 2010, 19827; Burmann/Heß/Jahnke/Janker-Jahnke, StVR, 22. Aufl. 2012, § 86 VVG, Rn 54). Das ist indessen nicht geschehen.
Nach alledem waren die in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Kl. liegende Feststellungsklage (s.o.) abzuweisen und die diesbezüglichen, anteiligen, nicht nur unerheblichen Kosten gem. § 92 Abs. 1 S. 1 2. Alt. ZPO dem Kl. aufzuerlegen.
III. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, wobei wegen der erheblich divergierenden Streitwerte erster sowie zweiter Instanz einerseits und der unterschiedlichen Obsiegens- und Unterliegensquoten vorli...