BGB § 241 § 280
Leitsatz
1. Ein Werkunternehmer ist verpflichtet, den Besteller bei der Beauftragung mit der Durchführung von Reparaturarbeiten an einem Pkw darauf hinzuweisen, dass sich die Reparatur im Hinblick auf absehbare weitere Instandsetzungsarbeiten "nicht lohnt."
2. Der Werkunternehmer muss dabei solche weiteren, nicht in Auftrag gegebenen Instandsetzungsarbeiten berücksichtigen, deren Durchführung vor einer bevorstehenden Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten oder innerhalb einer Laufleistung von 5.000 km bevorsteht.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Mainz, Urt. v. 31.10.2013 – 3 S 197/12
Sachverhalt
Der Kl. beauftragte die beklagte Werkstatt mit der Durchführung von Instandsetzungsarbeiten an seinem Pkw. Dieser wies eine Laufleistung von 326.000 km auf und war 12½ Jahre alt. Nach der Einschätzung des Serviceleiters der Bekl. hatte das Fahrzeug einen Zeitwert von 1.500 bis 2.000 EUR. Drei Monate nach den in Auftrag gegebenen Instandsetzungsarbeiten stand die Hauptuntersuchung an, die wegen erkennbarer Verschleißerscheinungen an den Bremsen sowie der Vorder- und Hinterachsenaufhängung zu einer Versagung der TÜV-Plakette führen konnte. Die Bekl. wies den Kl. nicht darauf hin, dass in Kürze auch diese Arbeiten anstanden und mit einer Beanstandung dieser sicherheitsrelevanten Mängel durch den TÜV zu rechnen war. Der TÜV beanstandete bei der Vorführung zur Hauptuntersuchung die erkennbaren Mängel der Bremsen und der Vorder- und Hinterachsenaufhängung. Wegen der Höhe der erforderlichen Kosten zur Behebung dieser Mängel ließ der Kl. die hierfür erforderlichen Reparaturen nicht durchführen, sondern erwarb ein Neufahrzeug. Mit der Klage hat der Kl. die Verurteilung der Bekl. zum Ersatz aller Aufwendungen im Zusammenhang mit den Arbeiten an seinem Altfahrzeug ersetzt verlangt, soweit diese bei dem früheren Erwerb seines Neufahrzeugs nicht angefallen wären. Dem folgte das LG unter Abänderung der abweisenden Entscheidung des AG im Wesentlichen und ging von einem Schadensersatzanspruch des Kl. gem. § 280 Abs. 1 BGB aus.
2 Aus den Gründen:
" … Nach allgemeinen Grundsätzen ist beim Werkvertrag der Unternehmer nach Treu und Glauben verpflichtet, den Besteller auf alle Umstände hinzuweisen, die dieser nicht kennt, deren Kenntnis aber für dessen Willensbildung und Entschlüsse bezüglich des Werks von Bedeutung ist (OLG Hamm NJW-RR 1992, 1329 Rn 12, zitiert nach juris; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 631 Rn 14, jeweils m.w.N.; allgemein zur Aufklärungspflicht siehe Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 242 Rn 37 und § 280 Rn 30). Als einen solchen Umstand wird man es regelmäßig werten müssen, dass sich eine Reparatur “nicht lohnt’ (OLG Hamm, a.a.O., Rn 13). Dies war hier der Fall."
Wie sich aus der Rechnung der Bekl. vom 13.4.2011 ergibt, hatte das Fahrzeug des Kl., ein Pkw vom Typ V, zum Zeitpunkt der hier in Rede stehenden Arbeiten in der Werkstatt der Bekl. Anfang April 2011 eine Laufleistung von rund 326.000,00 km und war bereits 12½ Jahre alt (Erstzulassung im Oktober 1997). Nach der eigenen Einschätzung des Serviceleiters der Bekl., des Zeugen W, betrug der Zeitwert des Fahrzeugs damals maximal 1.500 bis 2.000,– EUR. Dem sind die Kosten nicht nur für die seiner Zeit fälligen und von der Bekl. auf entsprechenden Zusatzauftrag hin ausgeführten Arbeiten, sondern auch für die damals absehbaren weiteren Instandsetzungsarbeiten im Zusammenhang mit der knapp 3 Monate später anstehenden Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO gegenüberzustellen. Die im Rahmen der Wartung durchzuführenden Inspektion dient dazu, einen bestimmtem Fahrzeugzustand festzustellen, und die danach erforderlichen, regelmäßig gesondert zu beauftragenden Maßnahmen durchzuführen. Dies betrifft zunächst fällige Arbeiten, darüber hinaus aber auch solche Maßnahmen, deren Notwendigkeit unmittelbar – in einem Zeitraum von weniger als 3 Monaten oder innerhalb einer Laufleistung von 5.000 km – bevorsteht (OLG Schleswig NJW-RR 2011, 692 Rn 18, zitiert nach juris). Nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte ist eine Werkstatt verpflichtet, auch auf solche Arbeiten hinzuweisen, da eine Inspektion gerade dazu dient, zeitnah fällig werdende Reparatur- und Wartungsarbeiten festzustellen. Auf einen entsprechenden Hinweis, wie er der Praxis entspricht, kann der Kunde vertrauen (OLG Schleswig a.a.O. Rn 19). Die bei der Hauptuntersuchung des Pkw des Kl. am 28.6.2011 beanstandeten Mängel, insb. an den Bremsen hinten sowie der Vorder- und Hinterachsenaufhängung, die zur Versagung der TÜV-Plakette führten, sind ihrer Art nach typische Verschleißerscheinungen, die auch im Zeitpunkt der Inspektion Anfang April schon vorgelegen und für die Bekl. erkennbar gewesen sein müssen. Auch wenn die Bekl. nicht den Auftrag hatte, das Fahrzeug “TÜV fertig’ zu machen, so hätte sie den Kl. daher darauf hinweisen müssen, dass in Kürze auch diese Arbeiten anstanden, weil mit der Beanstandung dieser sicherheitsrelevanten Mängel durch den TÜV zu rechnen war. Selbst wenn man die zusätzlic...